Urheberrecht und Fernleihe
Hier stellen wir kurz dar, was beim Kopienversand im Rahmen der Fernleihe zu beachten ist. Grundlage dafür ist insbesondere die Fassung des § 60e UrhG.
Lesen Sie bitte auch die Handreichung des BMBF Urheberrecht in der Wissenschaft.
Der einfache Fall
§ 60e (5) lautet:
"Auf Einzelbestellung an Nutzer zu nicht kommerziellen Zwecken übermitteln dürfen Bibliotheken Vervielfältigungen von bis zu 10 Prozent eines erschienenen Werkes sowie einzelne Beiträge, die in Fachzeitschriften oder wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen sind."
§ 60g (1) schützt die Ausübung dieser Rechte:
"Auf Vereinbarungen, die erlaubte Nutzungen nach den §§ 60a bis 60f zum Nachteil der Nutzungsberechtigten beschränken oder untersagen, kann sich der Rechtsinhaber nicht berufen."
§ 60g (2) schränkt aber diesen Schutz etwas ein, wenn die Bibliotheken ausschließlich für den Versand auf Einzelbestellungen Vereinbarungen getroffen haben (Vertragsvorbehalt):
"(2) Vereinbarungen, die ausschließlich die Zugänglichmachung an Terminals nach § 60e Absatz 4 und § 60f Absatz 1 oder den Versand von Vervielfältigungen auf Einzelbestellung nach § 60e Absatz 5 zum Gegenstand haben, gehen abweichend von Absatz 1 der gesetzlichen Erlaubnis vor."
Damit können Rechteinhaber mit Bibliotheken spezielle Vereinbarungen abschließen, welche die gesetzliche Erlaubnis beim Versand auf Einzelbestellung einschränken.
Es kann also sein, dass der Umfang oder die Qualität der angebotenen Vervielfältigungen gegenüber dem nach $60e (5) möglichen eingeschränkt ist.
Problematisch ist die Übergangsvorschrift in §137o ein:
"§ 60g gilt nicht für Verträge, die vor dem 1. März 2018 geschlossen wurden."
Damit gelten die Regelungen zum Versand von Vervielfältigungen in Altverträgen mit den Bibliotheken, wenn sie denn vorhanden sind, weiter. Bei neuen Verträgen aber nicht mehr.
Eine Bewertung...
Die Novellierung von 2017 hat die Regeln konkretisiert und vereinfacht. Die Einschränkungen auf Fax-Qualität und eingescannte Inhalte sind entfallen.
Aber: Das betrifft nicht Lieferungen, welche auf Verträgen vor dem 1.3.2018 basieren und auch nicht auf solche, die Dienste wie Subito (haben eigene Verträge mit den Rechteinhabern) anbieten.
...und ein Ausblick
Mit der Zeit werden die Altverträge auslaufen und damit deren Einschränkungen wegfallen.
Es an den Akteuren aus Wissenschaft und Gesellschaft liegen, ob auf Dauer mit öffentlichen Mitteln produziertes Wissen in den exklusiven Zugriff kommerziell orientierter Verwerter übergehen kann, die solches unter den zumindest gefühlt mißbräuchlich eingesetzten Schutz des Urheberrechts der Öffentlichkeit teuer verkaufen. Die neuen Regeln machen es schon einfacher als bisher.
Allerdings sind auf Betreiben der Rechteinhaberlobby die neuen Rechte in §60a bis §60h im §142 zum 1. März 2023 befristet worden. Die Bundesregierung muss dem Bundestag dazu bis zum 1. März 2021 berichten. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber den § 142 (2) als Resultat des Berichts aufhebt.
Durch die von der EU, der DFG und auch unserer Helmholtz-Gemeinschaft geförderten Veröffentlichungen in Open-Access-Journalen wird das Problem der bezahlten Zugänge zukünftig an Relevanz verlieren. Die Verhandlungen mit den großen Verlagen zur Transformation ihrer Journale in Open-Access-Journale (DEAL-Projekt) werden es ebenfalls kleiner werden lassen.