Proteine: Neue Materialklasse entdeckt

Anordnung der Concanavalin A –Proteinmoleküle in zwei verschiedenen Protein Crystalline Frameworks.

Anordnung der Concanavalin A –Proteinmoleküle in zwei verschiedenen Protein Crystalline Frameworks. © Fudan Universität/HZB

Deutsch-chinesisches Forscherteam führt zentrale Untersuchungen zu „Protein Crystalline Frameworks“ an BESSY II des HZB durch

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) haben in Zusammenarbeit mit Forschern der chinesischen Fudan-Universität eine neue Materialklasse charakterisiert: so genannte Protein Crystalline Frameworks (PCFs).

In den PCFs sind Proteine über bestimmte Hilfssubstanzen derart fixiert, dass sie sich symmetrisch ausrichten und sehr stabile Kristalle bilden. Die Forscher von HZB und Fudan-Universität wollen jetzt die Anwendungsmöglichkeiten der PCFs als funktionale Materialien ausloten. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie heute im Fachjournal „Nature Communications“
(DOI: 10.1038/ncomms5634).

Jeder kennt das Phänomen vom Frühstücksei: Proteine sind empfindliche Moleküle. Unter bestimmten Umständen – etwa in kochendem Wasser – denaturieren sie, verlieren ihre natürliche Gestalt und werden fest. Zwar sind Forscher schon seit geraumer Zeit in der Lage, mit diesen Substanzen umzugehen und sie sogar so zu behandeln, dass sie Kristalle bilden. Dies gelingt aber nur unter enormem Aufwand, der sich nur für Forschungszwecke lohnt. Zudem sind auch die Protein-Kristalle sehr empfindlich.

Den Wissenschaftlern von der Fudan-Universität ist es nun erstmalig gelungen, diese Nachteile zu umgehen: Sie verknüpften das Protein Concanavalin A mit Hilfsmolekülen aus der Substanzklasse der Zucker sowie mit dem Farbstoff Rhodamin. Die so fixierten Concanavalin-Moleküle ordneten sich in dem Rahmen aus Hilfsstoffen symmetrisch an: Sie bildeten einen Kristall, in dem die Proteine stabil ineinander verschachtelt sind – ein Protein Crystalline Framework.

Die Entwicklung solch eines Molekülkonstrukts nützt nichts, wenn man nicht weiß, wie er sich bildet und wie sein Aufbau auf Ebene der Atome aussieht. Bei der Suche nach passenden Untersuchungsmöglichkeiten wandten sich die Forscher aus Shanghai an eine chinesische Wissenschaftlerin, die am HZB arbeitet. Sie wies ihre Kollegen auf die MX-Beamlines am Elektronenspeicherring BESSY II des HZB hin.

„Wir konnten am HZB mit unseren speziellen Kristallografie-Messplätzen optimale Voraussetzungen bieten, um die PCFs hochaufgelöst zu charakterisieren“, sagt Dr. Manfred Weiss, einer der leitenden Wissenschaftler des MX-Labors am HZB. Dabei wurde klar, dass man über die Hilfsmoleküle sogar steuern kann, wie stark sich die Protein-Netzwerke durchdringen. „Das gibt den PCFs eine enorme Flexibilität und Variabilität, die wir bei den nun anstehenden Forschungen zu möglichen Anwendungen stets im Auge haben werden“, so Manfred Weiss.

Originalpublikation:
Sakai, F. et al. Protein crystalline frameworks with controllable interpenetration directed by dual supramolecular interactions. Nat. Commun. 5:4634 doi: 10.1038/ncomms5634 (2014).

HS

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Perowskit-Solarzellen: Neue BMBF-Nachwuchsgruppe am HZB
    Nachricht
    14.03.2025
    Perowskit-Solarzellen: Neue BMBF-Nachwuchsgruppe am HZB
    Im Projekt COMET-PV will Dr. Artem Musiienko die Entwicklung von Perowskit-Solarzellen deutlich beschleunigen. Dabei setzt er auf Robotik und KI, um die vielfältigen Variationen in der Materialzusammensetzung von Zinnbasierten Perowskiten zu analysieren. Der Physiker wird am HZB eine Nachwuchsgruppe (Young Investigator Group) aufbauen. Darüber hinaus wird er an der Fakultät Physik der Humboldt-Universität zu Berlin auch Lehrverpflichtungen übernehmen.
  • Mesoporöses Silizium: Halbleiter mit neuen Talenten
    Science Highlight
    25.02.2025
    Mesoporöses Silizium: Halbleiter mit neuen Talenten
    Silizium ist das bekannteste Halbleitermaterial. Doch eine gezielte Nanostrukturierung kann die Materialeigenschaften drastisch verändern. Ein Team am HZB hat mit einer eigens entwickelten Ätzapparatur nun mesoporöse Siliziumschichten mit unzähligen winzigen Poren hergestellt und ihre elektrische Leitfähigkeit sowie Thermokraft untersucht. Die Forschenden haben damit erstmals aufgeklärt, wie der elektronische Transport in diesem mesoporösen Silizium funktioniert. Das Material hat großes Potenzial für Anwendungen und könnte auch Qubits für Quantencomputer thermisch isolieren.
  • Innovative Batterie-Elektrode aus Zinn-Schaum
    Science Highlight
    24.02.2025
    Innovative Batterie-Elektrode aus Zinn-Schaum
    Metallbasierte Elektroden in Lithium-Ionen-Akkus versprechen deutlich höhere Kapazitäten als konventionelle Graphit-Elektroden. Leider degradieren sie aufgrund von mechanischen Beanspruchungen während der Lade- und Entladezyklen. Nun zeigt ein Team am HZB, dass ein hochporöser Schaum aus Zinn den mechanischen Stress während der Ladezyklen deutlich besser abfedern kann. Das macht Zinn-Schäume als potentielles Material für Lithium-Batterien interessant.