Strategisches Positionspapier zur Stärkung der Solarindustrie
Frankfurt, 06. März 2025 – Die führenden deutschen Solarforschungseinrichtungen, die Fachabteilung „Photovoltaik Produktionsmittel“ des Industrieverbands VDMA und das Produktionsplanungs-Unternehmen RCT Solutions, haben ein gemeinsames Positionspapier zur Stärkung der deutschen und europäischen Solarindustrie veröffentlicht. Dieses wird nun an die Parteien übermittelt, die nach der Bundestagswahl im Bundestag vertreten sind. Ziel ist es, die vorgeschlagenen Maßnahmen in die Koalitionsverhandlungen einzubringen und damit die Grundlage für eine widerstandsfähige und wettbewerbsfähige Solarindustrie in Deutschland zu schaffen.
Szenarioanalysen zur zukünftigen globalen Energieversorgung sehen die Photovoltaik als die wichtigste Technologie zur Energieversorgung. Während Deutschland in den frühen 2000er Jahren eine führende Rolle in der Solarindustrie einnahm, hat eine gezielte chinesische Industriepolitik – zunächst zur Förderung der Solarfertigung, später auch des Maschinenbaus – dazu geführt, dass deutsche Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette massiv Marktanteile verloren haben. Die deutsche Solarindustrie hat die führende Rolle bei der fortschreitenden Energiewende verloren.
Solarindustrie: Von der Abhängigkeit zur Resilienz
Das muss sich ändern, denn eine starke Industrie in Schlüsselbranchen ist eine wirtschaftliche Chance und stärkt unsere geopolitische Resilienz. Eine wettbewerbsfähige Solarindustrie am Standort Deutschland reduziert strategische Abhängigkeiten und sichert langfristig Innovations- und Wertschöpfungspotenziale. Die internationale Spitzenstellung europäischer Photovoltaik-Forschungseinrichtungen und der innovative Maschinenbau bilden eine exzellente Basis, um die nachhaltige Produktion von Hightech-Photovoltaikprodukten in Deutschland/Europa sicherzustellen.
„Mit dem PV PILOT-Projekt arbeiten wir gemeinsam mit dem ISC, dem ISFH und dem HZB, RCT Solutions und der VDMA-Fachabteilung „Photovoltaik Produktionsmittel“ an einer Strategie, wie die Solarindustrie in Deutschland durch Forschung & Entwicklung, Pilot-Technologie und Turnkey-Konzepte nachhaltig gestärkt werden kann“, so Prof. Dr. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer Institut für Solar Energiesysteme. „Durch die Kooperation der wichtigen Akteure erarbeiten wir Lösungen, welche die Industrie nachhaltig unterstützen.“
Drei zentrale Maßnahmen für eine resiliente Solarindustrie
Das Positionspapier schlägt konkrete Maßnahmen vor, um die Solarindustrie in Deutschland nachhaltig zu stärken:
Maßnahme 1: Ausbau der Produktion von innovativen Hightech-Produkten in Deutschland / Europa
· Produktionskapazität ausbauen und stärken: Bestehende Produktionsstätten für High-Tech-Produkte erweitern und neue Kapazitäten schaffen. Solche Strukturen sind essenziell, um Effizienz und Innovation in der deutschen und europäischen Solarindustrie zu fördern.
· Förderinstrumente nutzen: Nutzung europäischer Programme wie des Net Zero Industry Act (NZIA) und des Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) zur Unterstützung von Investitionen und strategischer Entwicklung.
Maßnahme 2: Maschinenbau mit Technologie-Know-how international nutzen und vermarkten
· Technologieentwicklung vorantreiben: Stärkung des deutschen Maschinenbaus und der lokalen Industrie, um modernste Produktionstechnologien für den internationalen Wettbewerb zu entwickeln und einzusetzen. Dies beinhaltet auch die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, um technologische Lösungen auf Augenhöhe zu entwickeln und so den globalen Standard mitzugestalten.
· Geschlossene Wertschöpfungsketten fördern: Aufbau einer robusten Produktionsinfrastruktur, die auf europäischen Ressourcen aufbaut und Abhängigkeiten von außereuropäischen Akteuren wie China reduziert. Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass Kooperationen mit chinesischen Unternehmen ausgewogen gestaltet werden.
· Exportförderprogramme nutzen und innovative Produktentwicklung und Demonstrationsumgebungen stärken: Maschinenbauer und Konsortien benötigen praxisnahe Plattformen, um ihre Technologien weiterzuentwickeln und als "European / German Turnkey"-Lösungen international anzubieten.
Maßnahme 3: Ausbau der Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur für eine innovative Solarindustrie
· Forschung stärken: Die Forschungsförderung sollte wieder auf das Real-Niveau von 2019/2020 zurückgeführt werden, also mindestens 100 Mio. Euro pro Jahr. Dies ist notwendig, um die Substanz und Innovationsfähigkeit der gesamten Branche – einschließlich der Forschungsinstitute, des Maschinenbaus und anderer Schlüsselakteure – zu sichern.
· Fokussierung der Förderung auf Innovation: Die Weiterentwicklung der kristallinen Siliziumtechnologie, der Perowskit- und anderer Dünnschichttechnologien sowie für Tandemzellen muss intensiv unterstützt werden, um technologische Spitzenpositionen zurückzugewinnen.
„Mit dieser Initiative setzen wir uns sowohl für die deutsche Solarforschung als auch für die Industrie ein – insbesondere für den Maschinenbau, der das Rückgrat der deutschen PV-Wertschöpfung bildet.“, so Dr. Puzant Baliozian, VDMA, Leiter Fachabteilung Photovoltaik Produktionsmittel.
Kontakt für Rückfragen:
Verantwortlich:
Rudolf Harney PD Dr. Ralf Preu
ISC Konstanz e.V. Fraunhofer ISE
rudolf.harney@isc-konstanz.de ralf.preu@ise.fraunhofer.de
Tel.: 07531 36183-25 Tel.: 0761 45 88 52 60
Weitere Ansprechpartner:
Dr. Puzant Baliozian Dr. Wolfgang Jooß
VDMA Photovoltaics Equipment RCT Solutions GmbH
Puzant.Baliozian@vdma.org Wolfgang.Jooss@rct-solutions.com
Tel.: 069 6603-1979 Tel.: 07531 58470-17
Prof. Dr. Rutger Schlatmann Dr. Thorsten Dullweber
Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) ISFH
rutger.schlatmann@helmholtz-berlin.de dullweber@isfh.de
Tel.: 030 8062-15680 Tel.: 05151 999-642
Die beteiligten Partner:
ISC Konstanz
Das International Solar Energy Research Center Konstanz e.V. (ISC Konstanz) ist ein Forschungsinstitut für die Entwicklung von Solarzellen, Solarmodulen und erneuerbaren Energiesystemen mit einem Schwerpunkt auf industrienaher Forschung und Technologietransfer. Es wurde im Jahr 2005 als gemeinnütziger Verein gegründet. Das Team von mehr als 60 Wissenschaftlern, Ingenieuren und Studenten arbeitet in nationalen und internationalen Forschungsprojekten mit führenden internationalen Instituten und Unternehmen der Photovoltaikbranche zusammen.
Fraunhofer ISE
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg ist das größte Solarforschungsinstitut Europas. Unsere rund 1.400 Mitarbeitenden arbeiten für ein nachhaltiges, wirtschaftliches, sicheres und sozial gerechtes Energieversorgungssystem auf Basis erneuerbarer Energien. Dazu tragen wir mit unseren Forschungsschwerpunkten Energiebereitstellung, Energieverteilung, Energiespeicherung und Energienutzung bei. Durch herausragende Forschungsergebnisse, erfolgreiche Industrieprojekte, Firmenausgründungen und globale Kooperationen gestalten wir die nachhaltige Transformation des Energiesystems.
VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
Der VDMA vertritt 3.600 deutsche und europäische Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Industrie steht für Innovation, Exportorientierung und Mittelstand. Die Unternehmen beschäftigen insgesamt rund 3 Millionen Menschen in der EU-27, davon mehr als 1,2 Millionen allein in Deutschland. Damit ist der Maschinen- und Anlagenbau unter den Investitionsgüterindustrien der größte Arbeitgeber, sowohl in der EU-27 als auch in Deutschland. Er steht in der Europäischen Union für ein Umsatzvolumen von geschätzt rund 910 Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der in der EU verkauften Maschinen stammen aus einer Fertigungsstätte im Binnenmarkt.
RCT Solutions
Die RCT Solutions GmbH ist ein umfassender Dienstleister im Bereich der Photovoltaik (PV) und unterstützt Kunden über die gesamte solare Wertschöpfungskette hinweg. Mit mehr als 16 Jahren Erfahrung ist RCT ein strategischer Partner für Investoren im Bereich der erneuerbaren Energien und hat dabei geholfen, weltweit mehr als 72 GW an integrierten Solaranlagen zu errichten. Die Palette der Dienstleistungen reicht von frühen Machbarkeitsstudien und Basic Engineering bis hin zu detailliertem Owner's Engineering, Schulungsprogrammen und laufender Betriebsberatung. Durch das Angebot einer zentralen Anlaufstelle für PV-Lösungen, die Technologie-, Investitions- und Betriebsexpertise umfasst, ermöglicht RCT Fabriken, Investoren und Anlagen, ihre Solarproduktion und Projektausführung effektiv und nachhaltig zu optimieren.
HZB
Das HZB ist mit zirka 1.200 Beschäftigten eine der größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Berlin. Im Fokus der Forschung stehen Materialien und Technologien für eine klimaneutrale Gesellschaft, insbesondere für die Energieversorgung und die Informationstechnologie der Zukunft. Die Forscherinnen und Forscher des HZB entwickeln Solarzellen der nächsten Generation, neuartige Batterien oder katalytisch aktive Materialien, die die Produktion von grünem Wasserstoff ermöglichen. Neben modernen Laboratorien betreibt das HZB die Röntgenquelle BESSY II, die auch mehreren Tausend externen Nutzern pro Jahr zur Verfügung steht. An gut 40 Strahlrohren stehen vielfältige spektroskopische und mikroskopische Instrumente bereit, um Prozesse auf der molekularen und atomaren Ebene genau zu analysieren.
Institut für Solarenergieforschung (ISFH)
Das ISFH entwickelt innovative Technologien für eine nachhaltige Energieversorgung und steht für eine industrienahe Forschung. Mit rund 155 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern forscht es in zwei Abteilungen an effizienten Lösungen für die Nutzung von Solarenergie und regenerativer Energieversorgung von Gebäuden und Quartieren. Die Abteilung Photovoltaik konzentriert sich auf die Entwicklung von neuen industrienahen Solarzellentechnologien, hocheffizienten industrialisierbaren Photovoltaikmodulen und forscht an der Integration von PV in innovativen Systemen. Die Abteilung Solare Systemtechnik entwickelt Lösungen für die Integration von Solarenergie, Wärmepumpen und Wasserstoff in unser zukünftiges nachhaltiges Energiesystem. Das ISFH ist Mitglied im Forschungsverbund Erneuerbare Energien (FVEE) und der Zuse-Gemeinschaft sowie An-Institut der Leibniz Universität Hannover.