Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile

Unter dem Rasterelektronenmikroskop sieht die CsPbI<sub>3</sub>-Schicht (gro&szlig;e Bl&ouml;cke im oberen Teil des Bildes) auf dem FTO-Substrat nach Ausgl&uuml;hen unter Umgebungsluft fast genauso aus wie nach Ausgl&uuml;hen unter kontrollierten Bedingungen.

Unter dem Rasterelektronenmikroskop sieht die CsPbI3-Schicht (große Blöcke im oberen Teil des Bildes) auf dem FTO-Substrat nach Ausglühen unter Umgebungsluft fast genauso aus wie nach Ausglühen unter kontrollierten Bedingungen. © HZB

Die Box-Chart-Statistik zeigt Wirkungsgrade von Solarzellen, die unter kontrollierten Bedingungen hergestellt wurden im Vergleich mit Solarzellen, die in Umgebungsluft gegl&uuml;ht wurden. &nbsp;

Die Box-Chart-Statistik zeigt Wirkungsgrade von Solarzellen, die unter kontrollierten Bedingungen hergestellt wurden im Vergleich mit Solarzellen, die in Umgebungsluft geglüht wurden.   © HZB

Anorganische Perowskit-Solarzellen aus CsPbI3 sind langzeitstabil und erreichen gute Wirkungsgrade. Ein Team um Prof. Antonio Abate hat nun an BESSY II Oberflächen und Grenzflächen von CsPbI3 -Schichten analysiert, die unter unterschiedlichen Bedingungen produziert wurden. Die Ergebnisse belegen, dass das Ausglühen in Umgebungsluft die optoelektronischen Eigenschaften des Halbleiterfilms nicht negativ beeinflusst, sondern sogar zu weniger Defekten führt. Dies könnte die Massenanfertigung von anorganischen Perowskit-Solarzellen weiter vereinfachen.

 

Metallhalogenid-Perowskite besitzen optoelektronische Eigenschaften, die für Photovoltaik und Optoelektronik bestens geeignet sind. Bei ihrer Entdeckung in 2009 erreichten Halogenidperowskite in Solarzellen einen Wirkungsgrad von 3,9 Prozent, der sich extrem rasch steigern ließ. Die besten (organischen) Perowskit-Solarzellen schaffen heute Wirkungsgrade von mehr als 26 Prozent. Allerdings ist die Langzeitstabilität bei diesen Solarzellen ein Problem, weil sie organische Kationen wie Methylammonium enthalten, die hohe Temperaturen und Feuchtigkeit nicht gut vertragen. Methylammonium lässt sich jedoch durch anorganische Kationen wie Cäsium ersetzen. Anorganische Halogenid-Perowskite mit der Summenformel CsPbX3 (wobei X für ein Halogenid wie Chlorid, Bromid und Iodid steht) bleiben selbst bei über 300 °C stabil. Die besten optischen Eigenschaften für die Photovoltaik besitzt CsPbI3 (Bandlücke 1,7 eV).

Ausglühen unter kontrollierter Atmosphäre

In der Regel werden Perowskit-Halbleiter aus einer Lösung auf ein Substrat aufgeschleudert oder gedruckt und in Handschuhboxen unter einer kontrollierten Atmosphäre verarbeitet: Dort verdampft das Lösungsmittel durch Erhitzung, worauf sich eine dünne Perowskit-Schicht auskristallisiert. Diese „kontrollierte Umgebung“ erhöht den Aufwand und die Kosten erheblich.

...oder in Umgebungsluft

Tatsächlich ist seit einiger Zeit bekannt, dass CsPbI3-Schichten auch unter Umgebungsbedingungen ausgeglüht werden können. Dabei zeigen die Proben, die in Umgebungsluft geglüht wurden, Wirkungsgrade von 19,8 Prozent, sind also sogar etwas besser, als Proben, die unter kontrollierten Bedingungen ausgeglüht wurden. Unklar aber war bisher, warum dies so ist.

Was geschieht an den Grenzflächen?

„Dafür haben wir die Grenzflächen zwischen CsPbI3 und dem angrenzenden Material im Detail untersucht, mit einer Reihe von Methoden, nicht nur unter dem Elektronenmikroskop, sondern auch mit Photolumineszenzverfahren und an BESSY II“ sagt Dr. Zafar Iqbal, Erstautor und Postdoc im Team von Prof. Antonio Abate.

BESSY II: weniger Defekte, bessere Mobilität

An BESSY II konnte ein Team um Prof. Marcus Bär mit harter Röntgenphotoelektronenspektroskopie (HAXPES) die chemische und elektronische Struktur der unterschiedlich geglühten CsPbI3- und Perowskit/Lochtransportschicht-Grenzfläche analysieren. „Bei den Proben, die unter Umgebungsluft geglüht wurden, beobachten wir eine Oberflächenmodifikation, die die Beweglichkeit der Ladungsträger an der Grenzfläche verbessert“ erklärt Iqbal. Optische Spektroskopie-Messungen zeigten, dass durch das Ausglühen an der Luft weniger Defekte entstehen und weniger Ladungsträger verloren gehen.

Die Aufskalierung der Produktion könnte sich vereinfachen

„Unsere Studie erklärt nun, warum das Ausglühen von CsPbI3-Filmen in Umgebungsluft so gut funktioniert“, sagt Iqbal. Dies könnte insbesondere für die Aufskalierung von Produktionsverfahren für eine mögliche Massenfertigung interessant sein.

Hinweis: Zafar Iqbal wurde während seiner Promotion in der Abate-Gruppe durch ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) finanziert.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II haben nun ein Team von Wissenschaftlern mehrerer chinesischer Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

  • BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Science Highlight
    04.11.2024
    BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Umweltfreundliche Thermoplaste aus nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nach Gebrauch recyclen. Ihre Belastbarkeit lässt sich verbessern, indem man sie mit anderen Thermoplasten mischt. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, kommt es jedoch auf die Grenzflächen in diesen Mischungen an. Ein Team der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden hat nun an BESSY II untersucht, wie sich mit einem neuen Verfahren aus zwei Grundmaterialien thermoplastische „Blends“ mit hoher Grenzflächenfestigkeit herstellen lassen: Aufnahmen an der neuen Nanostation der IRIS-Beamline zeigten, dass sich dabei nanokristalline Schichten bilden, die die Leistungsfähigkeit des Materials erhöhen.
  • Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Science Highlight
    28.10.2024
    Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Einem Team aus Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg (IMTEK) und Siemens Energy ist es gelungen, eine hocheffiziente alkalische Membran-Elektrolyse Zelle erstmals im Labormaßstab in Betrieb zu nehmen. Das Besondere: Der Anodenkatalysator besteht dabei aus preisgünstigen Nickelverbindungen und nicht aus begrenzt verfügbaren Edelmetallen. An BESSY II konnte das Team die katalytischen Prozesse durch operando Messungen im Detail darstellen, ein Theorie Team (USA, Singapur) lieferte eine konsistente molekulare Beschreibung. In Freiburg wurden mit einem neuen Beschichtungsverfahren Kleinzellen gebaut und im Betrieb getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Nature Catalysis publiziert.