Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop

Die Abbildung links zeigt die nanotomographischen Aufnahmen eines LRTMO-Teilchen vor dem ersten Ladezyklus (oben) und nach 10 Ladezyklen (unten). Rechts davon sind die entsprechenden Simulationen mit isolierten Poren (hellblau), deren Anzahl nach 10 Ladezyklen (rechts unten) steigt.

Die Abbildung links zeigt die nanotomographischen Aufnahmen eines LRTMO-Teilchen vor dem ersten Ladezyklus (oben) und nach 10 Ladezyklen (unten). Rechts davon sind die entsprechenden Simulationen mit isolierten Poren (hellblau), deren Anzahl nach 10 Ladezyklen (rechts unten) steigt. © HZB

Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II haben nun ein Team von Wissenschaftlern mehrerer chinesischer Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

Lithium-Ionen-Akkus Batterien sollen mit Hilfe von neuen Materialien für die Kathoden noch leistungsstärker werden. So könnten geschichtete lithiumreiche Übergangsmetall-Kathoden (LRTMO) die Ladekapazität noch steigern und in Hochleistungs-Lithium-Akkus eingesetzt werden. Aber bisher ist zu beobachten, dass diese Kathodenmaterialien schnell „altern“: Durch das Hin- und Herwandern der Lithium-Ionen beim Aufladen und Entladen verändert sich das Kathodenmaterial. Welche Veränderungen dies konkret sind, war bislang unklar.

Teams aus chinesischen Forschungseinrichtungen hatten daher Messzeit am weltweit einzigartigen Transmissionsröntgenmikroskop (TXM) an einem Undulatorstrahlrohr am BESSY II Speicherring beantragt, um ihre Materialproben mit 3D-Tomographie und Nanospektroskopie zu untersuchen. Die Messungen am HZB-TXM führte damals, noch vor der Corona-Pandemie in 2019, Dr. Peter Guttmann, HZB, durch. Anschließend wurde die röntgenmikroskopische Analyse durch weitere spektro- und mikroskopische Untersuchungen ergänzt. Nach der aufwändigen Auswertung des reichhaltigen Datenmaterials liegen nun die Ergebnisse vor: Sie geben Auskunft über Veränderungen in Morphologie und Struktur des Materials aber auch zu chemischen Prozessen während des Entladens.

„Die Transmissions-Röntgenmikroskopie mit weicher Röntgenstrahlung ermöglicht es, chemische Zustände in LRTMO-Partikeln mit hoher räumlicher Auflösung dreidimensional zu visualisieren und Einblicke in chemische Reaktionen während des elektrochemischen Zyklus zu gewinnen“, erklärt Dr. Stephan Werner, der das Instrument wissenschaftlich betreut und weiterentwickelt.

So liefern die Ergebnisse Aussagen zu lokalen Gitterverzerrungen, die mit Phasenumwandlungen sowie der Bildung von Nanoporen verbunden sind. Auch die Oxidationszustände von einzelnen Elementen konnten lokal bestimmt werden. Die Geschwindigkeit der Ladeprozesse spielt dabei eine wichtige Rolle: Langsames Laden begünstigt Phasenumwandlungen und Sauerstoffverlust, während schnelles Laden zu Gitterverzerrung sowie inhomogener Lithiumdiffusion führt.

„Wir haben hier am TXM eine einzigartige Option: Wir können eine energieaufgelöste Transmissionsröntgentomografie anbieten“, sagt Werner. „Damit bekommen wir ein 3D-Abbild mit strukturellen Informationen zu jedem elementspezifischen Energielevel – d.h. die Energie ist hier die vierte Dimension.“

Die Erkenntnisse aus dieser Studie liefern wertvolle Informationen für die Entwicklung von Hochleistungskathoden, die langzeitstabil und zyklusfest bleiben. „Das TXM ist hervorragend darauf abgestimmt, um zukünftig durch in-operando Studien – also während des Auf- oder Entladens - neue Einsichten in morphologische, aber auch chemische Veränderungen in Batteriematerialien zu liefern“, sagt Prof. Gerd Schneider, der das TXM entwickelt hat.

arö

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