Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren

Das Bild zeigt die Terbium-Orbitale, zwischen denen die Anregung stattfindet, sowie schematisch den Anregungsprozess.

Das Bild zeigt die Terbium-Orbitale, zwischen denen die Anregung stattfindet, sowie schematisch den Anregungsprozess. © HZB

Die besonderen Eigenschaften von magnetischen Materialien aus der Gruppe der Seltenen Erden gehen auf Elektronen in der 4f-Schale zurück. Bislang galten die magnetischen Eigenschaften der 4f-Elektronen als kaum kontrollierbar. Nun hat ein Team von HZB, der Freien Universität Berlin und weiteren Einrichtungen erstmals gezeigt, dass durch Laserpulse 4f-Elektronen beeinflusst – und damit deren magnetische Eigenschaften verändert werden können. Die Entdeckung, die durch Experimente am EuXFEL und FLASH gelang, weist einen neuen Weg zu Datenspeichern mit Seltenen Erden.

 

Die stärksten Magneten, die wir kennen, basieren auf Seltenen Erden. Für deren magnetische Eigenschaften sind ihre 4f-Elektronen verantwortlich: Sie erzeugen ein großes magnetisches Moment, das auch dann erhalten bleibt, wenn sich ihre chemische Umgebung verändert. So lassen sich Seltene Erden in ganz unterschiedlichen Verbindungen und Legierungen verwenden, ohne dass sich dabei ihre besonderen magnetischen Eigenschaften veränderten. Bislang war man davon ausgegangen, dass sich die magnetischen Eigenschaften von 4f-Elektronen selbst dann nicht verändern lassen, wenn man das Material mit einem Laserpuls anregt. Dass dies doch möglich ist, hat nun ein Team aus dem HZB, der Freien Universität Berlin, DESY, dem Europäischen Röntgenlaser XFEL und anderen Institutionen zeigen können: Durch Laseranregung lässt sich die räumliche Anordnung der 4f-Elektronen für einen kurzen Moment umschalten. Damit ändert sich auch ihr Magnetismus. Dieser Effekt eröffnet neue Optionen für die schnelle und Energie-effiziente Kontrolle magnetischer Seltenerd-Materialien. Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.

Terbium an Röntgenlasern EuXFEL und FLASH untersucht

Das Team führte Experimente an den Röntgenlasern EuXFEL und FLASH durch und untersuchte Proben aus Terbium, einem Seltenerd-Element mit der Ordnungszahl 65 und insgesamt 8 Elektronen in 4f-Orbitalen. Die Probe wurde mit einem ultrakurzen Laserpuls beschossen und dabei röntgenspektroskopisch analysiert. Die in der Studie verwendete weiche Röntgenstrahlung ist in der Lage, die elektronische Struktur eines Materials sehr empfindlich zu bestimmen. Das Experiment zeigt, dass nach Laseranregung 4f-Elektronen kurzzeitig in ein Orbital mit anderer räumlicher Verteilung wechseln. Ursache dafür ist ein Streuprozess mit 5d Elektronen, der bisher nicht in Betracht gezogen worden war. Die Umverteilung der 4f-Elektronen durch Laseranregung bewirkt, dass sich deren magnetische Eigenschaften für einen kurzen Moment umschalten lassen.

Seltenerd-Materialien als Datenspeicher

Dieses kontrollierte Umschalten ermöglicht neue Anwendungen für Seltenerd-Materialien, zum Beispiel als energieeffiziente und schnelle Informationsspeicher. Bisher werden Seltene Erden nicht für magnetische Speichermedien eingesetzt. Die modernsten Speichermedien sind sogenannte HAMR-Datenspeicher (Heat-Assisted Magnetic Recording), in denen magnetischen Strukturen mit einem Laserpuls erhitzt werden, um sie mit einem Magneten umschalten zu können. Bei den deutlich stärkeren Magneten aus Seltenerd-Elementen könnte nun ein ultrakurzer Laserpuls die 4f-Elektronen anregen und so das Umschalten ermöglichen – Als elektronischer Effekt wäre dies noch schneller und effizienter als der Heiz-Mechanismus in HAMR-Speichern.

Hochauflösende Spektroskopie mit ultrakurzen Röntgenpulsen bei BESSY II

Möglich wurde diese Forschung durch die Entwicklung von Beschleuniger-basierten Röntgenquellen zur Erzeugung ultrakurzer Röntgenpulse in den letzten Jahrzehnten. Diese erlauben es, elementare Prozesse in magnetischen Materialien auf Zeitskalen von wenigen Femtosekunden zu beobachten. Eine Femtosekunde (10-15 s) ist ein Millionstel eines Milliardstels einer Sekunde. Licht bewegt sich in 300 Femtosekunden um etwa eine Haaresbreite vorwärts.

Die Arbeiten wurden am Europäischen Röntgenlaser EuXFEL und bei FLASH in Hamburg durchgeführt. Auch das HZB betreibt eine Kurzpuls-Röntgenquelle, die bis Ende dieses Jahres speziell für Experimente mit hoher spektroskopischer Auflösung hin erweitert wird. Damit wird dann auch BESSY II für diese Art von Experimenten optimale Bedingungen bieten. Berlin ist eines der wichtigsten Zentren für die Erforschung ultraschneller magnetischer Effekte weltweit.

 

Hinweis: Die Arbeiten an der Freien Universität, der Technischen Universität, dem HZB, Fritz-Haber-Institut und Max-Born-Institut zusammen mit Partnern in Halle werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen eines Transregio-Sonderforschungsbereichs gefördert (Transregio-SFB 227 "Ultrafast Spin Dynamics").

C. Schüssler-Langeheine/red.

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    Science Highlight
    23.04.2025
    Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    An BESSY II steht nun ein neues Instrument zur Untersuchung von Katalysatormaterialien, Batterieelektroden und anderen Energiesystemen zur Verfügung: die Operando Absorption and Emission Spectroscopy on EMIL (OÆSE) Endstation im Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL). Ein Team um Raul Garcia-Diez und Marcus Bär hat die Leistungsfähigkeit des Instruments an elektrochemisch abgeschiedenem Kupfer demonstriert.
  • Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Science Highlight
    17.04.2025
    Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Clathrate zeichnen sich durch eine komplexe Käfigstruktur aus, die auch Platz für Gast-Ionen bietet. Nun hat ein Team erstmals untersucht, wie gut sich Clathrate als Katalysatoren für die elektrolytische Wasserstoffproduktion eignen. Das Ergebnis: Effizienz und Robustheit sind sogar besser als bei den aktuell genutzten Nickel-basierten Katalysatoren. Dafür fanden sie auch eine Begründung. Messungen an BESSY II zeigten, dass sich die Proben während der katalytischen Reaktion strukturell verändern: Aus der dreidimensionalen Käfigstruktur bilden sich ultradünne Nanoblätter, die maximalen Kontakt zu aktiven Katalysezentren ermöglichen. Die Studie ist in „Angewandte Chemie“ publiziert.
  • Elegantes Verfahren zum Auslesen von Einzelspins über Photospannung
    Science Highlight
    14.04.2025
    Elegantes Verfahren zum Auslesen von Einzelspins über Photospannung
    Diamanten mit spezifischen Defekten können als hochempfindliche Sensoren oder Qubits für Quantencomputer genutzt werden. Die Quanteninformation wird dabei im Elektronenspin-Zustand der Defekte gespeichert. Allerdings müssen die Spin-Zustände bislang optisch ausgelesen werden, was extrem aufwändig ist. Nun hat ein Team am HZB eine elegantere Methode entwickelt, um die Quanteninformation über eine Photospannung auszulesen. Dies könnte ein deutlich kompakteres Design von Quantensensoren ermöglichen.