Lithium-Schwefel-Feststoffbatterien: Ladungstransport direkt beobachtet

Die Ver&auml;nderung der Neutronend&auml;mpfung in der Kathode zeigt, wo sich Lithium anreichert: oben beim Entladen, unten beim Aufladen. d<sub>0</sub> ist die Grenze zum Feststoff-Elektrolyten, d<sub>max</sub> ist die Grenze zwischen Kathode und Stromkollektor.

Die Veränderung der Neutronendämpfung in der Kathode zeigt, wo sich Lithium anreichert: oben beim Entladen, unten beim Aufladen. d0 ist die Grenze zum Feststoff-Elektrolyten, dmax ist die Grenze zwischen Kathode und Stromkollektor. © HZB

Der Aufbau der Feststoff-Batterie. Die Anode besteht aus Li/In, der Feststoff-Elektrolyt ist Li<sub>6</sub>PS<sub>5</sub>Cl und die Verbundkathode ist S/C/Li<sub>6</sub>PS<sub>5</sub>Cl.

Der Aufbau der Feststoff-Batterie. Die Anode besteht aus Li/In, der Feststoff-Elektrolyt ist Li6PS5Cl und die Verbundkathode ist S/C/Li6PS5Cl. © HZB

3-D-Tomographie-Bilder des entladenen (oben) und des wieder aufgeladenen Zustands (Mitte), sowie die Differenz zwischen beiden (unten), die anzeigt, wo sich die mobilen Lithium-Ionen (gr&uuml;n) befinden.

3-D-Tomographie-Bilder des entladenen (oben) und des wieder aufgeladenen Zustands (Mitte), sowie die Differenz zwischen beiden (unten), die anzeigt, wo sich die mobilen Lithium-Ionen (grün) befinden. © HZB

Lithium-Schwefel-Feststoffbatterien bieten im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien das Potenzial für eine wesentlich höhere Energiedichte und mehr Sicherheit. Allerdings ist die Leistungsfähigkeit von Feststoffbatterien derzeit noch unzureichend, was vor allem an sehr langen Ladezeiten liegt - und das, obwohl sie theoretisch eine besonders schnelle Aufladung ermöglichen sollten. Eine neue Studie des HZB zeigt nun, dass die Hauptursache dafür die sehr schleppende Einwanderung von Lithium-Ionen in die Verbundkathode ist.

Das Team konstruierte eine spezielle Zelle, um den Transport von Lithium-Ionen zwischen Anode und Kathode in einer Lithium-Schwefel-Feststoffbatterie zu beobachten. Da sich Lithium mit Röntgenmethoden kaum nachweisen lässt, untersuchten die HZB-Physiker Dr. Robert Bradbury und Dr. Ingo Manke die Probezelle mit Neutronen, die extrem empfindlich auf Lithium reagieren. Zusammen mit Dr. Nikolay Kardjilov, HZB, nutzten sie Neutronenradiographie und Neutronentomographie am CONRAD2-Instrument an der Berliner Neutronenquelle BER II1. Auch Gruppen aus Gießen (JLU), Braunschweig (TUBS) und Jülich (FZJ) waren an den Arbeiten beteiligt.

Lithium-Ionen beim Wandern

„Wir haben jetzt eine viel bessere Vorstellung davon, was die Leistung der Batterie einschränkt", sagt Bradbury: „Aus den Daten der operando Neutronenradiographie sehen wir, dass sich eine Reaktionsfront von Lithium-Ionen durch die Verbundkathode ausbreitet, was den negativen Einfluss der niedrigen effektiven Ionenleitfähigkeit bestätigt." Darüber hinaus zeigen die 3D-Neutronentomographie-Bilder, dass sich das eingeschlossene Lithium während des Aufladens in der Nähe des Stromabnehmers konzentriert. „Dies führt zu einer verminderten Kapazität, da nur ein Teil des Lithiums beim Aufladen der Batterie zurücktransportiert wird."

Die beobachtete Lithiumverteilung stimmt sehr gut mit einer Modellrechnung auf Basis der Theorie der porösen Elektroden überein: „Was wir hier in den Neutronenbilddaten beobachten, korreliert gut mit den relevanten elektronischen und ionischen Leitfähigkeitsbedingungen aus dem Modell", sagt Bradbury.

Der Flaschenhals ist identifiziert

Diese Ergebnisse machen auf einen bisher übersehenen Entwicklungsengpass für Feststoffbatterien aufmerksam: Der langsame Ionentransport begrenzt die Leistung. Die Herausforderung besteht nun darin, einen schnelleren Ionentransport innerhalb des Kathodenverbunds zu ermöglichen. „Ohne eine direkte Visualisierung der Reaktionsfront innerhalb des Kathodenverbunds wäre dieser Effekt möglicherweise unbemerkt geblieben, obwohl er für die Entwicklung von Festkörperbatterien von großer Bedeutung ist", sagt Bradbury.

 

Fußnote 1: Die Experimente fanden Ende 2019 statt, bevor die Neutronenquelle BER II abgeschaltet wurde. Die Arbeiten werden zukünftig im Rahmen der gemeinsamen Forschungsgruppe „NI-Matters“ zwischen dem HZB, dem Institut Laue-Langevin (Frankreich) und der Universität Grenoble (Frankreich) weiter fortgeführt.

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • Kleine Kraftpakete für ganz besonderes Licht
    Science Highlight
    27.06.2024
    Kleine Kraftpakete für ganz besonderes Licht
    Ein internationales Forschungsteam stellt in Nature Communications Physics das Funktionsprinzip einer neuen Quelle für Synchrotronstrahlung vor. Durch Steady-State-Microbunching (SSMB) sollen in Zukunft effiziente und leistungsstarke Strahlungsquellen für kohärente UV-Strahlung möglich werden. Das ist zum Beispiel für Anwendungen in der Grundlagenforschung, aber auch der Halbleiterindustrie sehr interessant.
  • Neue Methode zur Absorptionskorrektur für bessere Zahnfüllungen
    Science Highlight
    24.06.2024
    Neue Methode zur Absorptionskorrektur für bessere Zahnfüllungen
    Ein Team um Dr. Ioanna Mantouvalou hat eine Methode entwickelt, um die Verteilung von chemischen Elementen in Dentalmaterialien präziser als bisher möglich darzustellen. Die konfokale mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse (micro-XRF) liefert dreidimensional aufgelöste Elementbilder, die Verzerrungen enthalten. Sie entstehen, wenn Röntgenstrahlen Materialien unterschiedlicher Dichte und Zusammensetzung durchdringen. Mit Mikro-CT-Daten, die detaillierte 3D-Bilder der Materialstruktur liefern, und chemischen Informationen aus Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) - Experimenten im Labor (BLiX, TU Berlin) und an der Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II haben die Forschenden das Verfahren nun verbessert.
  • Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) eröffnet
    Nachricht
    19.06.2024
    Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) eröffnet
    Am 17. Juni 2024 ist in Jena das Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) im Beisein von Wolfgang Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft des Freistaates Thüringen, feierlich eröffnet worden. Das Institut wurde vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) in Kooperation mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena gegründet: Es widmet sich der Entwicklung nachhaltiger Polymermaterialien für Energietechnologien. Diese sollen eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen und Deutschlands Ziel unterstützen, bis 2045 klimaneutral zu werden.