Wundermaterial Graphen: Gewölbt wie das Polster eines Chesterfield-Sofas

Die Rastertunnelmikroskopie zeigt: Graphen wölbt sich über den Goldclustern und bildet ein regelmäßiges Muster, das an das Polster eines Chsterfield-Sofas erinnert.

Die Rastertunnelmikroskopie zeigt: Graphen wölbt sich über den Goldclustern und bildet ein regelmäßiges Muster, das an das Polster eines Chsterfield-Sofas erinnert. © HZB

Typisches Chesterfield-Polster. (

Typisches Chesterfield-Polster. ( © mit freundlicher Genehmigung von Petr Kratochvil

Graphen besitzt extreme Eigenschaften und ist vielseitig verwendbar. Mit einem Trick lassen sich sogar die Spins im Graphen kontrollieren. Dies gelang einem HZB-Team schon vor einiger Zeit: Die Physiker haben dafür eine Lage Graphen auf einem Nickelsubstrat aufgebracht und Goldatome dazwischen eingeschleust. Im Fachblatt 2D Materials zeigen sie nun, warum dies sich derartig stark auf die Spins auswirkt. Graphen kommt so auch als Material für künftige Informationstechnologien infrage, die auf der Verarbeitung von Spins als Informationseinheiten basieren.

Graphen ist wohl die exotischste Form von Kohlenstoff: Alle Atome sind untereinander nur in der Ebene verbunden und bilden ein Netz mit sechseckigen Maschen, wie eine Bienenwabe. Graphen ist strikt zweidimensional, also unendlich dünn, extrem leitfähig, perfekt lichtdurchlässig und sehr stark belastbar. Das „Wundermaterial“ besitzt außerdem weitere interessante Eigenschaften, die mit seinem Aufbau zusammenhängen.

So können die Spins (winzige magnetische Momente) der Leitungselektronen überraschenderweise sehr gut kontrolliert werden. Denn bringt man eine Lage Graphen auf ein Nickelsubstrat auf und schiebt Goldatome dazwischen, dann erhöht sich die so genannte „Spin-Bahn-Wechselwirkung“ dramatisch um den Faktor 10.000, sodass sich die Ausrichtung der Spins durch äußere Felder beeinflussen lässt.

Dass dies funktioniert hatten die Physiker um Dr. Andrei Varykhalov am HZB bereits mehrfach demonstriert. Allerdings war nicht klar, warum die Präsenz der Goldatome sich derartig stark auf das Verhalten der Spinaufspaltung im Graphen auswirkt.

„Wir wollten daher herausfinden, wie es dazu kommt, dass die hohe Spin-Bahn-Wechselwirkung, die für Gold charakteristisch ist, sich auf das Graphen überträgt“, sagt Varykhalov. In der jetzt veröffentlichten Arbeit zeigen die Physiker, dass sich die Goldatome in der Zwischenschicht nicht ganz gleichmäßig, sondern in kleinen Grüppchen oder Clustern auf dem Nickel-Substrat verteilen. Diese Gold-Cluster bilden wiederum ein regelmäßiges Muster unter dem Graphen. Dazwischen bleiben Nickelatome frei. Das Graphen bindet stark zum Nickel und wölbt sich so deutlich über den Gold-Clustern. „Es sieht fast so aus wie ein Polster eines Chesterfield-Sofas”, erklärt Varykhalov. „An den Punkten, an denen Gold und Kohlenstoff in enge Berührung kommen, entsteht die extrem hohe Spin-Bahn-Wechselwirkung, die wir beobachten. Dieses Ergebnis wird durch Rastertunnelmikroskopie und Dichtefunktionsanalysen gestützt“.

Zur Publikation:

2D Materials, Vol.4, Nr3 (2017): "Nanostructural origin of giant Rashba effect in intercalated graphene". M Krivenkov, E Golias, D Marchenko, J Sánchez-Barriga, G Bihlmayer, O Rader and A Varykhalov. 

Doi: 10.1088/2053-1583/aa7ad8

 

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • BESSY II: Heterostrukturen für die Spintronik
    Science Highlight
    20.09.2024
    BESSY II: Heterostrukturen für die Spintronik
    Spintronische Bauelemente arbeiten mit magnetischen Strukturen, die durch quantenphysikalische Wechselwirkungen hervorgerufen werden. Nun hat eine Spanisch-Deutsche Kooperation Heterostrukturen aus Graphen-Kobalt-Iridium an BESSY II untersucht. Die Ergebnisse belegen, wie sich in diesen Heterostrukturen zwei erwünschte quantenphysikalische Effekte gegenseitig verstärken. Dies könnte zu neuen spintronischen Bauelementen aus solchen Heterostrukturen führen.
  • Grüner Wasserstoff: MXene als Katalysatoren für die Sauerstoffentwicklung geeignet
    Science Highlight
    09.09.2024
    Grüner Wasserstoff: MXene als Katalysatoren für die Sauerstoffentwicklung geeignet
    Die Materialklasse der MXene besitzt vielfältige Talente. Nun hat ein internationales Team um HZB-Chemikerin Michelle Browne gezeigt, dass MXene als Katalysatoren für die Sauerstoffentwicklungsreaktion bei der elektrolytischen Wasserspaltung geeignet sind. Dabei arbeiten sie stabiler und effizienter als die derzeit besten Metalloxid-Katalysatoren. Das Team hat die neuartigen Katalysatoren für die elektrolytische Aufspaltung von Wasser nun umfassend an der Berliner Röntgenquelle BESSY II und am Synchrotron Soleil, Frankreich, charakterisiert.
  • "BESSY ist für Berlin von immenser Bedeutung"
    Nachricht
    02.09.2024
    "BESSY ist für Berlin von immenser Bedeutung"
    Ende August hat die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege, Dr. Ina Czyborra gemeinsam mit dem Staatssekretär für Wissenschaft, Dr. Henry Marx, ihre Sommertour mit einem Besuch am HZB in Adlershof beendet. Dabei bekannte sie sich öffentlich dazu, den Neubau von BESSY III politisch zu unterstützen.