Das aktive Zentrum der Thiolase blockieren

Ein Hauptmerkmal des aktiven Zentrums der trypanosomalen Thiolase ist der HDCF-Loop (HIS-ASP-CYS-PHE), dargestellt in hellem Blau.

Ein Hauptmerkmal des aktiven Zentrums der trypanosomalen Thiolase ist der HDCF-Loop (HIS-ASP-CYS-PHE), dargestellt in hellem Blau. © University of Oulu

Wissenschaftler der finnischen Universität Oulu und des HZB schaffen Grundlage für Erforschung neuer Medikamente gegen Schlafkrankheit

Wissenschaftler der finnischen Universität Oulu und des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) haben neue Wege zur Medikamentenentwicklung gegen die afrikanische Schlafkrankheit und andere von Parasiten übertragene, tropische Erkrankungen aufgezeigt. Grundlage dafür sind Strukturuntersuchungen an einem als Thiolase bezeichneten Enzym. Thiolase spielt eine wichtige Rolle im Lipid-Stoffwechsel krankheitsübertragender Parasiten. Die Struktur des Biomoleküls haben die Forscher an der MX-Beamline des Elektronenspeicherrings BESSY II des HZB untersucht. (Biochemical J. 2013, DOI: 10.1042/BJ20130669)

Die afrikanische Schlafkrankheit Trypanosomiasis oder die indische Leishmaniose sind tropische Krankheiten, die von Parasiten ausgelöst werden. An ihnen erkranken Jahr für Jahr erkranken Millionen von Menschen, tausende sterben daran. Medikamente gegen die Parasiten sind teuer und haben häufig starke Nebenwirkungen. Zudem sind seit Jahrzehnten keine neuen, wirksamen Therapeutika entwickelt worden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO misst Forschungen zur Entwicklung entsprechender Wirkstoffe deshalb besondere Bedeutung zu.

Wissenschaftler um Prof. Rik Wierenga von der Universität Oulu haben dafür die Grundlage geschaffen und die Struktur des Enzyms Thiolase aufgeklärt. Thiolase ist für den Lipid-Stoffwechsel der Parasiten unverzichtbar. „Entscheidend ist der Aufbau des aktiven Zentrums des Enzyms“, sagt Wierenga: „Hier docken die für den parasitären Stoffwechsel wichtigen Lipide an. Und hier finden die chemischen Reaktionen statt, mit denen die Lipide umgebaut werden.“ Die Struktur und die Funktion des aktiven Zentrums gelte es zu erforschen, so Wierenga: „Dann kann man Substanzen entwickeln, die die Lipide imitieren, fest an das aktive Zentrum des Enzyms andocken und es damit blockieren.“ Die entsprechenden Moleküle sind hervorragende Ausgangspunkte für die Entwicklung neuer Pharmazeutika.

Die Untersuchungen der Thiolase am BESSY haben ein sehr detailliertes Bild vom aktiven Zentrum der Thiolase ergeben: „Zudem haben wir jetzt eine viel bessere Vorstellung von der Funktion der Thiolase“, sagt Wierenga: „Es sieht so aus, als ob sie den ersten Schritt im Stoffwechselweg der Sterol-Biosynthese katalysiert. Er hat bei mehreren Parasiten große Bedeutung.“

„Die Vermessung kristalliner Thiolase-Proteine an unserer MX-Beamline hat die Geometrie des aktiven Zentrums im Enzym aufgedeckt“, sagt Dr. Manfred Weiss vom HZB. Dabei hat eine spezifische Windung im Proteinmolekül eine besondere Bedeutung, der so genannte HDCF-Loop. Die Struktur, die sehr tief im Inneren der Thiolase liegt, war bisher unbekannt. „Die Kenntnis der HDCF-Struktur ist ein idealer Ausgangspunkt zur Entwicklung neuer Medikamente gegen die Parasiten“, fasst Rik Wierenga zusammen

Originalpublikation:
Harijan, R.K., Kiema, T.R., Karjalainen, M.P., Janardan, N., Murthy, M.R., Weiss. M.S., Michels, P.A., Wierenga, R.K. (2013) Crystal structures of SCP2-thiolases of Trypanosomatidae, human pathogens causing widespread tropical diseases: the importance for catalysis of the cysteine of the unique HDCF loop. Biochem J., 455, 119-130.

HS


Das könnte Sie auch interessieren

  • Kleine Kraftpakete für ganz besonderes Licht
    Science Highlight
    27.06.2024
    Kleine Kraftpakete für ganz besonderes Licht
    Ein internationales Forschungsteam stellt in Nature Communications Physics das Funktionsprinzip einer neuen Quelle für Synchrotronstrahlung vor. Durch Steady-State-Microbunching (SSMB) sollen in Zukunft effiziente und leistungsstarke Strahlungsquellen für kohärente UV-Strahlung möglich werden. Das ist zum Beispiel für Anwendungen in der Grundlagenforschung, aber auch der Halbleiterindustrie sehr interessant.
  • Neue Methode zur Absorptionskorrektur für bessere Zahnfüllungen
    Science Highlight
    24.06.2024
    Neue Methode zur Absorptionskorrektur für bessere Zahnfüllungen
    Ein Team um Dr. Ioanna Mantouvalou hat eine Methode entwickelt, um die Verteilung von chemischen Elementen in Dentalmaterialien präziser als bisher möglich darzustellen. Die konfokale mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse (micro-XRF) liefert dreidimensional aufgelöste Elementbilder, die Verzerrungen enthalten. Sie entstehen, wenn Röntgenstrahlen Materialien unterschiedlicher Dichte und Zusammensetzung durchdringen. Mit Mikro-CT-Daten, die detaillierte 3D-Bilder der Materialstruktur liefern, und chemischen Informationen aus Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) - Experimenten im Labor (BLiX, TU Berlin) und an der Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II haben die Forschenden das Verfahren nun verbessert.
  • MXene als Energiespeicher: Chemische Bildgebung blickt nun tiefer
    Science Highlight
    17.06.2024
    MXene als Energiespeicher: Chemische Bildgebung blickt nun tiefer
    Eine neue Methode in der Spektromikroskopie verbessert die Untersuchung chemischer Reaktionen auf der Nanoskala, sowohl auf Oberflächen als auch im Inneren von Schichtmaterialien. Die Raster-Röntgenmikroskopie (SXM) an der MAXYMUS-Beamline von BESSY II ermöglicht den hochsensitiven Nachweis von chemischen Gruppen, die an der obersten Schicht (Oberfläche) adsorbiert oder in der MXene-Elektrode (Volumen) eingelagert sind. Die Methode wurde von einem HZB-Team unter der Leitung von Dr. Tristan Petit entwickelt. Das Team demonstrierte die Methode nun an MXene-Flocken, einem Material, das als Elektrode in Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt wird.