BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen des LPSCl-Pellets vor (links) und nach (rechts) dem operando-HAXPES-Experiment.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen des LPSCl-Pellets vor (links) und nach (rechts) dem operando-HAXPES-Experiment. © 10.1021/acsenergylett.4c01072

Die Illustration zeigt den Aufbau des operando HAXPES Experiments (links). Rechts davon ist die vergrößerte Illustration der operando-Messzelle zu sehen.

Die Illustration zeigt den Aufbau des operando HAXPES Experiments (links). Rechts davon ist die vergrößerte Illustration der operando-Messzelle zu sehen. © 10.1021/acsenergylett.4c01072

Feststoffbatterien können mehr Energie speichern und sind sicherer als Batterien mit flüssigen Elektrolyten. Allerdings halten sie nicht so lange und ihre Kapazität nimmt mit jedem Ladezyklus ab. Doch das muss nicht so bleiben: Forscherinnen und Forscher sind den Ursachen bereits auf der Spur. In der Fachzeitschrift ACS Energy Letters stellt ein Team des HZB und der Justus-Liebig-Universität Gießen eine neue Methode vor, um elektrochemische Reaktionen während des Betriebs einer Feststoffbatterie mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II genau zu verfolgen. Die Ergebnisse helfen, Batteriematerialien und -design zu verbessern.

Feststoffbatterien verwenden zwischen den Elektroden einen festen Ionenleiter anstelle eines flüssigen Elektrolyten, um den Transport von Lithium zu ermöglichen. Dies hat Vorteile, zum Beispiel eine höhere Sicherheit während des Betriebs und eine höhere Kapazität. Allerdings ist die Lebensdauer von Festkörperbatterien bislang noch sehr begrenzt. Denn an den Grenzflächen zwischen Elektrolyt und Elektrode bilden sich Zersetzungsprodukte und Zwischenphasen, die den Transport der Lithium-Ionen behindern und zu einem Verbrauch von aktivem Lithium führen, so dass die Kapazität der Batterien mit jedem Ladezyklus abnimmt.

Unter welchen Bedingungen finden Reaktionen statt?

Nun hat ein Team um die HZB-Forscher Dr. Elmar Kataev und Prof. Marcus Bär einen neuen Ansatz entwickelt, um die elektrochemischen Reaktionen an der Grenzfläche zwischen Festelektrolyt und Elektrode mit hoher zeitlicher Auflösung zu analysieren. "Unter welchen Bedingungen und bei welcher Spannung finden solche Reaktionen statt, und wie entwickelt sich die chemische Zusammensetzung dieser Zwischenphasen während des Zellbetriebs?" erläutert Kataev die Forschungsfragen.

Der beste Feststoffelektrolyt unter der Lupe

Für die Studie analysierten sie Proben des Festelektrolyten Li6PS5Cl, ein Material, das aufgrund seiner hohen Ionenleitfähigkeit als bester Kandidat für Feststoffbatterien gilt. Dabei arbeiteten sie eng mit dem Team des Batterieexperten Professor Jürgen Janek von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU Gießen) zusammen. Als Arbeitselektrode diente eine hauchdünne Schicht aus Nickel (30 Atomlagen oder 6 Nanometer). Auf die andere Seite des Li6PS5Cl-Pellets wurde ein Lithiumfilm gepresst, der als Gegenelektrode diente.

Harte Röntgen-Photoelektronenspektroskopie an BESSY II

Um die Grenzflächenreaktionen und die Bildung einer Zwischenschicht (SEI) in Echtzeit und in Abhängigkeit von der angelegten Spannung zu analysieren, nutzte Kataev die Methode der harten Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (HAXPES) mit den analytischen Möglichkeiten des Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL) an BESSY II: Röntgenstrahlen treffen dabei auf die Probe, regen die Atome darin an und die emittierten Photoelektronen in Abhängigkeit von der angelegten Zellspannung und der Zeit geben Aufschluss über die Reaktionsprodukte. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zersetzungsreaktionen nur teilweise reversibel sind.

Methode auch für andere Batteriematerialien interessant

"Wir zeigen, dass es möglich ist, mit einem ultradünnen Stromkollektor die elektrochemischen Reaktionen an den vergrabenen Grenzflächen mit Methoden der Oberflächencharakterisierung zu untersuchen", sagt Kataev. Das HZB-Team hat bereits Anfragen von Forschergruppen aus dem In- und Ausland erhalten, die ebenfalls an diesem Charakterisierungsansatz interessiert sind. In einem nächsten Schritt will das HZB-Team diesen Ansatz erweitern und auch Batterien mit Polymerelektrolyten und verschiedenen Anoden- und Kathodenmaterialien untersuchen.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II hat nun ein Team aus chinesischen Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

  • BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Science Highlight
    04.11.2024
    BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Umweltfreundliche Thermoplaste aus nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nach Gebrauch recyclen. Ihre Belastbarkeit lässt sich verbessern, indem man sie mit anderen Thermoplasten mischt. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, kommt es jedoch auf die Grenzflächen in diesen Mischungen an. Ein Team der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden hat nun an BESSY II untersucht, wie sich mit einem neuen Verfahren aus zwei Grundmaterialien thermoplastische „Blends“ mit hoher Grenzflächenfestigkeit herstellen lassen: Aufnahmen an der neuen Nanostation der IRIS-Beamline zeigten, dass sich dabei nanokristalline Schichten bilden, die die Leistungsfähigkeit des Materials erhöhen.
  • Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Science Highlight
    28.10.2024
    Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Einem Team aus Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg (IMTEK) und Siemens Energy ist es gelungen, eine hocheffiziente alkalische Membran-Elektrolyse Zelle erstmals im Labormaßstab in Betrieb zu nehmen. Das Besondere: Der Anodenkatalysator besteht dabei aus preisgünstigen Nickelverbindungen und nicht aus begrenzt verfügbaren Edelmetallen. An BESSY II konnte das Team die katalytischen Prozesse durch operando Messungen im Detail darstellen, ein Theorie Team (USA, Singapur) lieferte eine konsistente molekulare Beschreibung. In Freiburg wurden mit einem neuen Beschichtungsverfahren Kleinzellen gebaut und im Betrieb getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Nature Catalysis publiziert.