Brennstoffzellen: Oxidationsprozesse von Phosphorsäure aufgeklärt

Die Illustration zeigt vier unterschiedliche Oxidationspfade (1-4) von w&auml;ssriger Phosphors&auml;ure (H<sub>3</sub>PO<sub>3</sub>), die mit XANES aufgekl&auml;rt werden konnten. Alle diese Reaktionen h&auml;ngen von der vorhandenen Feuchtigkeit ab.

Die Illustration zeigt vier unterschiedliche Oxidationspfade (1-4) von wässriger Phosphorsäure (H3PO3), die mit XANES aufgeklärt werden konnten. Alle diese Reaktionen hängen von der vorhandenen Feuchtigkeit ab. © HZB

Die Wechselwirkungen zwischen Phosporsäure und dem Platin-Katalysator in Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzellen sind komplexer als bisher angenommen. Röntgen-Experimente an BESSY II in einem mittleren Energiebereich (tender x-rays) haben die vielfältigen Oxidationsprozesse an der Platin-Elektrolyt-Grenzfläche entschlüsselt. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Feuchtigkeit in der Brennstoffzelle diese Prozesse beeinflusst, so dass sich hier Möglichkeiten bieten, um Lebensdauer und Wirkungsgrad von Brennstoffzellen zu erhöhen. 


Wasserstoff-Brennstoffzellen wandeln die chemische Energie von Wasserstoff (H2) in elektrische Energie um. Als mikro-stationäre Stromquellen eignen sich vor allem die Hochtemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzellen (HT-PEMFCs). Ein Nachteil dieser HT-PEMFCs ist jedoch, dass der Protonenleiter Phosphorsäure (H3PO4) aus der H3PO4-dotierten Polybenzimidazol-Membran auslaugt und den Platinkatalysator vergiftet. Neuere Studien zeigen weitere Komplikationen während des Betriebs der HT-PEMFC: Dabei wird ein Teil des H3PO4 zu H3PO3 reduziert, was zu einer weiteren Vergiftung der Platinkatalysatoren und damit zu einem erheblichen Leistungsverlust führen kann.

Komplexe Prozesse und Wechselwirkungen

Eine frühere Studie des Teams von Prof. Dr. Marcus Bär zeigte, dass an der Grenzfläche zwischen Platin und wässrigem H3PO3 auch gegenläufige Prozesse stattfinden und dass die Wechselwirkungen zwischen dem Platinkatalysator und H3PO3/ H3PO4 sehr komplex sind: Während H3PO3 zu einer Vergiftung des Platinkatalysators führen kann, kann Platin gleichzeitig die Oxidation von H3PO3 zurück zu H3PO4 katalysieren.

Realitätsnahe Versuchsbedingungen

Nun hat Bärs Team das Oxidationsverhalten von wässrigem H3PO3 unter Bedingungen untersucht, die den Betriebsbedingungen von HT-PEMFCs nahekommen.  Die chemischen Prozesse wurden in einer beheizbaren elektrochemischen Zelle analysiert, die für In-situ-Röntgenuntersuchungen geeignet ist. Die Experimente fanden an der kürzlich im Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL) eingerichteten OÆSE-Endstation statt, und zwar mit intensivem Röntgenlicht im Energiebereich von 2 keV - 5 keV (zwischen weicher und harter Röntgenstrahlung, englisch: tender x-rays), das von der EMIL-Beamline an der Röntgenquelle BESSY II bereitgestellt wird. In diesem Energiebereich lassen sich mit der Methode der Röntgenabsorptions-Nahkantenstrukturspektroskopie (englisch: X-ray absorption near-edge structure spectroscopy, kurz XANES) Oxidationsprozesse von H3PO3 zu H3PO4 verfolgen.

Unterschiedliche Oxidationsprozesse

"Wir haben damit verschiedene Prozesse für diese Oxidationsreaktion aufgedeckt, darunter die platinkatalysierte chemische Oxidation, die elektrochemische Oxidation unter positiver Potentialvorspannung an der Platinelektrode und die wärmegeförderte Oxidation. Diese spektroskopischen In-situ-Ergebnisse werden auch durch Ionenaustauschchromatographie und elektrochemische In-situ-Charakterisierungen bestätigt", erklärt Enggar Wibowo, Erstautor der Studie und Doktorand in Bärs Team. "Bemerkenswerterweise sind alle diese Oxidationswege mit Reaktionen mit Wasser verbunden. Das zeigt, dass die Feuchtigkeit in der Brennstoffzelle einen erheblichen Einfluss auf diese Prozesse hat."

Feuchtigkeit zur Optimierung nutzen

Damit weisen die Ergebnisse auch auf mögliche Verbesserungen in den Betriebsbedingungen von HT-PEM-Brennstoffzellen hin, z.B. durch eine Steuerung der Feuchtigkeit, um H3PO3 zu H3PO4 zu oxidieren. "Die Betriebsbedingungen von HT-PEM-Brennstoffzellen könnten damit optimiert werden, um eine Vergiftung des Katalysators durch H3PO3 zu verhindern und die Effizienz dieser Brennstoffzellen zu erhöhen", so Wibowo.

Vorfreude auf BESSY III

"Die Arbeit klärt einen wichtigen Degradationspfad von Brennstoffzellen auf und ist ein Beitrag auf dem Weg zu einer Wasserstoff-basierten Energieversorgung", sagt Marcus Bär. "Sie zeigt auch den großen Nutzen des mittleren „tender“ Röntgenbereichs, und wir freuen uns auf BESSY III, das diese Lücke zwischen weicher und harter Röntgenstrahlung schließen soll", fügt er hinzu.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II hat nun ein Team aus chinesischen Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

  • BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Science Highlight
    04.11.2024
    BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Umweltfreundliche Thermoplaste aus nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nach Gebrauch recyclen. Ihre Belastbarkeit lässt sich verbessern, indem man sie mit anderen Thermoplasten mischt. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, kommt es jedoch auf die Grenzflächen in diesen Mischungen an. Ein Team der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden hat nun an BESSY II untersucht, wie sich mit einem neuen Verfahren aus zwei Grundmaterialien thermoplastische „Blends“ mit hoher Grenzflächenfestigkeit herstellen lassen: Aufnahmen an der neuen Nanostation der IRIS-Beamline zeigten, dass sich dabei nanokristalline Schichten bilden, die die Leistungsfähigkeit des Materials erhöhen.
  • Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Science Highlight
    28.10.2024
    Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Einem Team aus Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg (IMTEK) und Siemens Energy ist es gelungen, eine hocheffiziente alkalische Membran-Elektrolyse Zelle erstmals im Labormaßstab in Betrieb zu nehmen. Das Besondere: Der Anodenkatalysator besteht dabei aus preisgünstigen Nickelverbindungen und nicht aus begrenzt verfügbaren Edelmetallen. An BESSY II konnte das Team die katalytischen Prozesse durch operando Messungen im Detail darstellen, ein Theorie Team (USA, Singapur) lieferte eine konsistente molekulare Beschreibung. In Freiburg wurden mit einem neuen Beschichtungsverfahren Kleinzellen gebaut und im Betrieb getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Nature Catalysis publiziert.