Wo Quantencomputer wirklich punkten können

Das Problem des Handlungsreisenden ist ein Klassiker in der Mathematik. Ein Reisender soll auf dem kürzesten Weg N Städte besuchen und wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren. Mit steigender Anzahl N explodiert die Anzahl der möglichen Routen. Dieses Problem ist dann mit Näherungsverfahren lösbar. Quantenrechner könnten hier rascher deutlich bessere Lösungen liefern.

Das Problem des Handlungsreisenden ist ein Klassiker in der Mathematik. Ein Reisender soll auf dem kürzesten Weg N Städte besuchen und wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren. Mit steigender Anzahl N explodiert die Anzahl der möglichen Routen. Dieses Problem ist dann mit Näherungsverfahren lösbar. Quantenrechner könnten hier rascher deutlich bessere Lösungen liefern. © HZB

Die vorliegende Arbeit (Pfeil) zeigt, dass ein bestimmter Teil der kombinatorischen Probleme mit Quantencomputern sehr viel besser l&ouml;sbar ist, m&ouml;glicherweise sogar exakt.</p>
<p>

Die vorliegende Arbeit (Pfeil) zeigt, dass ein bestimmter Teil der kombinatorischen Probleme mit Quantencomputern sehr viel besser lösbar ist, möglicherweise sogar exakt.

© HZB

Das Problem des Handlungsreisenden gilt als Paradebeispiel für kombinatorische Optimierungsprobleme. Nun zeigt ein Berliner Team um den theoretischen Physiker Prof. Dr. Jens Eisert der Freien Universität Berlin, dass eine bestimmte Klasse solcher Probleme tatsächlich durch Quantencomputer besser und sehr viel schneller gelöst werden kann als mit konventionellen Methoden.

Quantencomputer rechnen mit so genannten Qbits, die nicht wie bei konventionellen logischen Schaltungen entweder Null oder Eins betragen, sondern in einem präzisen Sinne alle Werte dazwischen annehmen. Diese Qbits werden durch stark heruntergekühlte Atome, Ionen oder supraleitende Schaltkreise realisiert, und es ist physikalisch noch sehr aufwändig, einen Quantencomputer mit vielen Qbits zu bauen. Doch mit mathematischen Methoden lässt sich schon jetzt erforschen, was fehlertolerante Quantencomputer künftig leisten könnten. „Darüber gibt es viele Mythen, und zuweilen auch zu einem Grade heiße Luft und Hype. Aber wir haben uns der Frage einmal mit mathematischen Methoden rigoros gestellt und solide Ergebnisse zum Thema geliefert. Vor allem haben wir geklärt, in welchem Sinne es überhaupt Vorteile geben kann“, sagt Prof. Dr. Jens Eisert, der eine gemeinsame Forschungsgruppe an der Freien Universität Berlin und am Helmholtz-Zentrum Berlin leitet.

Als Paradebeispiel dient das bekannte Problem des Handlungsreisenden: Ein Reisender soll eine Anzahl von Städten besuchen und im Anschluss wieder in die Heimatstadt zurückkehren. Wie sieht die kürzeste Route aus? Dieses Problem ist zwar leicht verständlich, aber wird mit steigender Anzahl von Städten immer komplexer, die Rechenzeit explodiert. Das Problem des Handlungsreisenden steht für eine Gruppe von Optimierungsproblemen, die enorme wirtschaftliche Bedeutung haben, ob es um Schienennetze, Logistik oder um die Optimierung von Ressourcen geht. Mit Näherungsverfahren lassen sich gute approximative Lösungen finden.

Das Team um Jens Eisert und seinen Kollegen Jean-Pierre Seifert arbeitete nun rein analytisch, um zu evaluieren, wie ein Quantencomputer mit Qbits diese Klasse von Problemen lösen könnte. Ein klassisches Gedankenexperiment mit Stift und Papier und einer Menge Fachwissen. „Wir nehmen einfach an, unabhängig von der physikalischen Realisierung, dass es ausreichend Qbits gibt und betrachten die Möglichkeiten, damit Rechenoperationen durchzuführen“, erklärt Vincent Ulitzsch, Doktorand an der Technischen Universität Berlin. Dabei erkannten sie Ähnlichkeiten zu einem bekannten Problem der Kryptographie, also der Verschlüsselung von Daten. „Wir stellten dann fest, dass wir eine Unterklasse dieser Optimierungsprobleme mit dem Shor-Algorithmus behandeln können,“ sagt Ulitzsch. Damit „explodiert“ die Rechenzeit nicht mehr mit der Anzahl der Städte (exponentiell, 2N), sondern steigt nur noch polynomial, also mit Nx, wobei x eine Konstante ist. Die so errechnete Lösung ist außerdem qualitativ deutlich besser als die Näherungslösung mit dem konventionellen Algorithmus.

„Wir haben gezeigt, dass Quantencomputer für bestimmte Instanzen des Problems prinzipiell einen Vorteil gegenüber klassischen Computern aufweisen, wenn es um eine bestimmte, aber sehr wichtige und praktisch relevante Klasse kombinatorischer Optimierungsprobleme geht“, sagt Eisert.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II hat nun ein Team aus chinesischen Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

  • Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Science Highlight
    28.10.2024
    Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Einem Team aus Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg (IMTEK) und Siemens Energy ist es gelungen, eine hocheffiziente alkalische Membran-Elektrolyse Zelle erstmals im Labormaßstab in Betrieb zu nehmen. Das Besondere: Der Anodenkatalysator besteht dabei aus preisgünstigen Nickelverbindungen und nicht aus begrenzt verfügbaren Edelmetallen. An BESSY II konnte das Team die katalytischen Prozesse durch operando Messungen im Detail darstellen, ein Theorie Team (USA, Singapur) lieferte eine konsistente molekulare Beschreibung. In Freiburg wurden mit einem neuen Beschichtungsverfahren Kleinzellen gebaut und im Betrieb getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Nature Catalysis publiziert.
  • Perowskit-Solarzellen: Protokolle für Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit
    Nachricht
    22.10.2024
    Perowskit-Solarzellen: Protokolle für Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit
    Zehn Teams am Helmholtz-Zentrum Berlin bauen eine langfristige internationale Allianz auf, um gemeinsam Verfahren zu entwickeln, die die Reproduzierbarkeit von Perowskit-Materialien sicherstellen. Das Projekt TEAM PV wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.