Perowskit-Solarzellen: Rolle der Wasserstoffbrückenbindungen beleuchtet

Der Ausschnitt zeigt ausgewählte Orbitale in MAPI-Perowskit im Grundzustand.

Der Ausschnitt zeigt ausgewählte Orbitale in MAPI-Perowskit im Grundzustand. © HZB

Auf der Basis von Röntgenmessungen an Methylammonium-Perowskit-Halbleitern hat ein HZB-Team nun gezeigt, welche Rolle Wasserstoffbrückenbindungen in diesen Materialien spielen. Außerdem fand die Forschungsgruppe, dass Strahlenschäden durch weiche Röntgenstrahlung bei dieser empfindlichen Materialklasse noch schneller auftreten als erwartet. Beide Ergebnisse liefern wichtige Hinweise für die Perowskit-Materialforschung für Solarzellen.

Metallhalogenid-Perowskit (MHP)-Solarzellen werden in Labors auf der ganzen Welt entwickelt. Diese Materialklasse ist kostengünstig, leicht zu verarbeiten und hat bereits nach wenigen Jahren der Entwicklung Wirkungsgrade von über 20 Prozent erreicht. Durch Variation der chemischen Zusammensetzung können die optoelektronischen Eigenschaften genau auf das Sonnenlicht und die jeweilige Anwendung abgestimmt werden. Die höchsten Wirkungsgrade erreichen hybride Perowskite, die Methylammonium-Kationen (MA) enthalten, aber die Anwesenheit von MA ist auch mit Instabilität verbunden.

Nun hat eine internationale Kollaboration, an der auch die HZB-Abteilung Grenzflächen-Design unter der Leitung von Marcus Bär beteiligt ist, neue Erkenntnisse über die elektronische Struktur und insbesondere die Wasserstoffbrückenbindungen in Methylammonium-Blei-Iodid-Perowskit-Filmen gewonnen. Dafür kombinierten sie Messdaten mit einer theoretischen Modellierung. Die Proben stammten aus dem Labor des Perowskit-Pioniers Henry Snaith, Universität Oxford, und die röntgenspektroskopischen Messungen (XES) wurden noch vor der Pandemie an der Advanced Light Source am Lawrence Berkeley National Laboratory durchgeführt. Die Modellierung der elektronischen Struktur und der ultraschnellen Bewegung von Wasserstoffatomen innerhalb der Struktur leistete Michael Odelius, Universität Stockholm.

Signatur der Wasserstoffbrückenbindungen entdeckt

„Durch die Kombination von elementspezifischen weichen röntgenspektroskopischen Messungen mit Molekulardynamik und Dichtefunktionaltheorie-Modellierung konnten wir neue Einblicke in die elektronische Struktur und Dynamik der organischen MHP-Komponente gewinnen", sagt Regan Wilks, HZB-Physiker und Erstautor der Studie. Insbesondere gelang es dem Team, spektrale Signaturen der Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem organischen Methylammonium-Molekül und dem anorganischen Gerüst des Perowskits zu detektieren. Messungen auf der Femtosekunden-Zeitskala lieferten zusätzlich Hinweise auf signifikante dynamische Änderungen der Struktur während der Messung.

Strahlenschäden treten schneller auf als erwartet

Um diese ultraschnellen Signale von den Effekten der Schädigung durch den hochintensiven Synchrotron-Röntgenstrahl zu trennen, charakterisierte die Gruppe auch diese Schädigungseffekte gründlich. Diese Schädigungen können auf der Zeitskala von 100 ms auftreten, also viel schneller als die Dauer eines Standardexperiments. Das bedeutet: zu dem Zeitpunkt, an dem die Messung beginnt, Ergebnisse zu liefern, ist der Schaden bereits eingetreten.  

„Es ist wichtig, diese Effekte in einer Publikation zu dokumentieren, auch wenn es nicht das wissenschaftlich interessanteste Ergebnis ist, weil es eine sehr wichtige Information für andere Gruppen sein kann, die vielleicht ähnliche Experimente durchführen oder unsere Ergebnisse bestätigen wollen", betont Wilks. Um Strahlenschäden und damit Artefakte während der Messung zu vermeiden, wurde die Probe unter dem weichen Röntgenstrahl während der Messung senkrecht zum Photonenstrahl bewegt, so dass die Bestrahlung eines jeden Punktes auf einen Sekundenbruchteil beschränkt blieb.

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren
    Science Highlight
    17.07.2024
    Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren
    Die besonderen Eigenschaften von magnetischen Materialien aus der Gruppe der Seltenen Erden gehen auf Elektronen in der 4f-Schale zurück. Bislang galten die magnetischen Eigenschaften der 4f-Elektronen als kaum kontrollierbar. Nun hat ein Team von HZB, der Freien Universität Berlin und weiteren Einrichtungen erstmals gezeigt, dass durch Laserpulse 4f-Elektronen beeinflusst – und damit deren magnetische Eigenschaften verändert werden können. Die Entdeckung, die durch Experimente am EuXFEL und FLASH gelang, weist einen neuen Weg zu Datenspeichern mit Seltenen Erden.
  • BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Science Highlight
    09.07.2024
    BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Feststoffbatterien können mehr Energie speichern und sind sicherer als Batterien mit flüssigen Elektrolyten. Allerdings halten sie nicht so lange und ihre Kapazität nimmt mit jedem Ladezyklus ab. Doch das muss nicht so bleiben: Forscherinnen und Forscher sind den Ursachen bereits auf der Spur. In der Fachzeitschrift ACS Energy Letters stellt ein Team des HZB und der Justus-Liebig-Universität Gießen eine neue Methode vor, um elektrochemische Reaktionen während des Betriebs einer Feststoffbatterie mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II genau zu verfolgen. Die Ergebnisse helfen, Batteriematerialien und -design zu verbessern.

  • Wertstoffe aus Abfall: Auf die richtigen Elektrolyte kommt es an
    Science Highlight
    01.07.2024
    Wertstoffe aus Abfall: Auf die richtigen Elektrolyte kommt es an
    Stellt man aus Biomasse Biodiesel her, fällt als Nebenprodukt Glycerin an. Bislang wird dieses Nebenprodukt jedoch wenig genutzt, obwohl es durch Oxidation in photoelektrochemischen Reaktoren (PEC) zu wertvolleren Chemikalien verarbeitet werden könnte. Der Grund dafür: geringe Effizienz und Selektivität. Nun hat ein Team um Dr. Marco Favaro vom Institut für Solare Brennstoffe am HZB den Einfluss der Elektrolyte auf die Effizienz der Glycerin-Oxidations-Reaktion in PEC-Reaktoren untersucht und Ergebnisse erhalten, die dabei helfen, effizientere und umweltfreundlichere Produktionsverfahren zu entwickeln.