Solarzellen: Verluste auf der Nanoskala sichtbar gemacht

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Mit einer leitfähigen AFM Spitze wird die Probenoberfläche einer a-Si:H/c-Si Grenzfläche unter Ultrahochvakuum auf der nm-Skala abgetastet und so die Tranportkanäle der Ladungsträger  über Defekte im a-Si:H (rote Zustände im vergrößerten Ausschnitt) sichtbar gemacht.

© Martin Künsting /HZB

Solarzellen aus kristallinem Silizium erreichen Spitzenwirkungsgrade, insbesondere in Verbindung mit selektiven Kontakten aus amorphem Silizium (a-Si:H). Ihre Effizienz wird jedoch durch Verluste in diesen Kontaktschichten begrenzt. Nun hat erstmals ein Team am HZB und der University of Utah, USA, experimentell gezeigt, wie solche Kontaktschichten auf der Nanometerskala Verlustströme generieren und was deren physikalischer Ursprung ist. Mit einem leitfähigen Atom-Kraftmikroskop tasteten sie die Solarzellenoberflächen im Ultrahochvakuum ab, und wiesen winzige, nanometergroße Kanäle für die nachteiligen Dunkelströme nach, die auf Unordnung in der a-Si:H Schicht beruhen.

Siliziumsolarzellen sind inzwischen so günstig und effizient, dass sie Stromgestehungskosten von unter 2 Cent/kWh ermöglichen. Die effizientesten Siliziumsolarzellen werden heutzutage mit selektiven Kontaktschichten, die für die Trennung der lichterzeugten Ladungen verantwortlich sind, aus unter 10 Nanometer dicken Schichten aus amorphem Silizium (a-Si:H) hergestellt. Mit solchen Silizium Heterojunction Solarzellen werden am HZB Wirkungsgrade von über 24% erreicht. Die Zelle befindet sich außerdem in einer sogenannten Tandemsolarzelle (Wirkungsgradrekord 29,15 % A. Al-Ashouri, et al. Science 370, (2020)), wie sie unlängst am HZB hergestellt wurde. Auch der aktuelle Weltrekord aus Japan für eine Siliziumsolarzelle basiert auf diesem Heterokontakt (26,6%: K. Yoshikawa, et al. Nature Energy 2, (2017)).

Verlustmechanismen auf Nanoskala

Aber auch diese besonders raffiniert optimierten Schichtstapel erreichen nicht den maximal möglichen Wirkungsgrad. Insbesondere ist bisher nicht im Detail verstanden, wie diese Schichten die Ladungsträgertrennung ermöglichen und was ihre nanoskopischen Verlustmechanismen sind. Die a-Si:H Kontaktschichten sind durch ihre intrinsische Unordnung geprägt, die zum einen eine hervorragende Vergütung der Siliziumoberfläche ermöglicht und somit die Anzahl von Grenzflächendefekten minimiert, zum anderen aber auch einen kleinen Nachteil mit sich bringt: Sie kann zu lokalen Kurzschlüssen sowie zu Transportbarrieren führen, welche das Vermögen der Kontaktschicht verringern, wie eine einseitig durchlässige Membran oder ein Ventil die Ladung zu trennen.

Welche Wege nehmen Verlustströme?

Nun hat erstmals ein Team am HZB und der University of Utah experimentell vermessen, wie und über welche Wege zwischen c-Si und a-Si:H Verlustströme laufen, die den Dunkelstrom der Solarzelle und damit das Wirkungspotential prägen. Prof. Dr. Klaus Lips konnte an den am PVcomB hergestellten Solarzellen mit einem Team um Prof. Christoph Boehme an der University of Utah aufwändige und sehr empfindliche Untersuchungen durchführen und die Prozesse an der Grenzfläche erstmals auf Nanometerskala aufklären. Dafür nutzten die Forscher die Methode der leitfähigen Rasterkraftmikroskopie (cAFM), die an der University of Utah verfeinert wurde. Diese Grenzfläche schließt aber prinzipbedingt bei der Spannung, bei der der Arbeitspunkt der Solarzelle liegt, nicht perfekt – ein Dunkelstrom, der in Gegenrichtung fließt, reduziert die Ausbeute. Es wäre vorteilhaft, diesen Dunkelstrom auf sein thermodynamisches Minimum zu reduzieren.

Dunkelstromkanäle im Rasterkraftmikroskop

Unter dem Rasterkraftmikroskop tasteten die Physiker den Stromfluss durch den selektiven a-Si:H Kontakt mit einer Platinspitze ab und beobachteten, wie sich bei zunehmender Spannung Dunkelstromkanäle mit Durchmessern von einigen Nanometern ausbildeten – diese „undichten Stellen“ im Kontaktmaterial reduzieren den Wirkungsgrad.  „Die Stromkanäle sind der Fingerabdruck von lokalen Defekten im amorphen Silizium, die der Dunkelstrom quasi als Buddelhilfe nutzt, um sich durch die amorphe Kontaktschicht zu graben“, erklärt Lips. „Wir sprechen hier vom Defekt-assistierten quantenmechanischem Tunneln! Das ist das erste Mal, das solche Zustände und Prozesse in einer real arbeitenden Solarzelle höchster Güte sichtbar gemacht werden konnten“, schwärmt der Physiker.

Physik der Heterokontakte

Außerdem zeigte sich, dass der Dunkelstrom in solchen Stromkanälen mit der Zeit stochastisch fluktuiert. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass hier eine kurzfristige Stromblockade zu sehen ist, die durch lokale Ladung entsteht, die in benachbarten Defekten eingefangen wird. Diese Ladung kann auch dafür sorgen, dass die lokale Photospannung an einem Stromkanal auf oberhalb von 1V steigt, was weit oberhalb dessen liegt, was an einem makroskopischen Kontakt abgreifbar ist. „An dieser Schnittstelle von der Nano- zu der Makrowelt liegt nicht nur die spannende Physik der Heterokontakte sondern auch das Verständnis, wie sich der Wirkungsgrad von Siliziumsolarzellen noch gezielter verbessern lässt“, sagt Prof. Dr. Bernd Stannowski, der für die Entwicklung industrieller Silizium-Heterojunction Solarzellen am HZB verantwortlich ist.

arö

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