Solarfassade am HZB im Praxistest
In kräftigem Blau schimmern die Solarmodule an der Fassade einer neuen Halle am HZB. Es sind spezielle CIGS-Dünnschichtmodule, die in Deutschland produziert werden und speziell für die Integration in die Gebäudehülle entwickelt wurden. Die Solarfassade deckt nicht nur einen Teil des Strombedarfs, sondern ist gleichzeitig auch selbst ein Real-Labor: Ein HZB-Team überwacht das Verhalten der Module im Langzeitverlauf und bei unterschiedlichen Außenbedingungen und wertet die Daten aus.
Das Helmholtz-Zentrum Berlin zählt zu den führenden Forschungseinrichtungen im Bereich der Photovoltaik, von der Grundlagenforschung bis zur Entwicklung von industriekompatiblen Produktionsmethoden. Mit der Beratungsstelle für Bauwerkintegrierte Photovoltaik (BAIP) bietet das HZB auch Fortbildungen zu innovativen Fassadenlösungen für Fachleute aus Architektur, Planung und Bauen an. Nun ist erstmals auch ein HZB-Neubau mit Solarmodulen ausgestattet worden. Es handelt sich um den Erweiterungsbau der so genannten Testinghalle bei BESSY II in Adlershof, in der Komponenten für die Beschleunigerphysik entwickelt und getestet werden sollen.
"Vorhang" aus 360 Modulen
An West-, Süd- und sogar an der Nordseite der Außenhülle sind jetzt insgesamt 360 Module montiert worden. „Es handelt sich um eine Vorhangfassade“, erklärt Samira Aden, Architektin am BAIP, HZB, die das Projekt begleitet. Über ein Schienensystem werden die Module vor die Fassade gehängt, so dass zwischen Modul und Wärmedämmung ein kleiner Luftraum entsteht. „Mit der zusätzlich eingebauten Sensortechnik wollen wir in den nächsten Jahren erheben, wie sich die realen Wetterbedingungen, Feinstaub, Regen, Verschmutzungen auf die Leistung auswirken“, erklärt sie.
Sensoren für einfallende Strahlung, Temperatur und Luftströmungen
Ihr Kollege Maximilian Riedel, Wissenschaftler am PVcomB, ist für die Sensortechnik zuständig: „An jeder Seite des Gebäudes erfassen Sensoren die einfallende Strahlungsleistung der Sonne. Die Module erzeugen nicht nur elektrischen Strom, sie erwärmen sich auch durch die Bestrahlung, was wiederum ihre Leistung verringern kann. Deshalb messen wir an den Rückseiten der Module mit 72 Thermofühlern die Temperatur. Außerdem erfassen wir die Strömungsgeschwindigkeit der Luft im Spalt hinter den Modulen an verschiedenen Stellen in der Fassade, um zu sehen, wie gut die Wärme bei verschiedenen Spaltbreiten abtransportiert wird“, erklärt er. Durch den Vergleich der Leistungen von West-, Süd und Nordseite lassen sich Aussagen darüber treffen, wie sich die Module bei direktem Licht oder bei Streulicht verhalten.
CIGS-Dünnschichtmodule aus Thorgau
„Die Module werden von AVANCIS in Thorgau bei Leipzig produziert, das sind CIGS-Dünnschichtmodule, und wir konnten sie in diesem kräftigen Blau erhalten, das HZB-typisch ist. Die Besonderheit der Module besteht in der verdeckten Aufhängung, welche eine rahmenlose Ausführung ohne zusätzliche Einfassung am Modulrand ermöglicht. Dadurch lassen sich die Module ideal mit der Metallvorhangfassade des Gebäudes kombinieren. Jedes Modul hat eine Leistung von etwa 135 Watt. Insgesamt haben wir damit eine Peak-Leistung von knapp 50 Kilowatt installiert“, erklärt Projektleiter Dirk Mielke, HZB.
Großes Interesse an den Ergebnissen
„Dieses Photovoltaik-Projekt ist etwas Besonderes“, betont Dr. Björn Rau, der die BAIP-Beratungsstelle leitet. Erstmals wird ein komplettes Bauwerk mit einer fassadenintegrierten Photovoltaikanlage als Real-Labor betrieben. Die umfangreiche Messtechnik ermöglicht neue Erkenntnisse über das reale Verhalten von Solarmodulen in einer Fassade bei verschiedenen Jahreszeiten und Witterungsbedingungen, über einen langen Zeitraum. „Ganz bewusst haben wir bei diesem Projekt auch Wert auf die gestalterische Integration der Module in die Gebäudehülle gelegt und mit der CIGS-Technologie das Materialsystem ausgewählt, über das am HZB eine sehr große Expertise existiert. Viele Forschungsgruppen am HZB arbeiten mit CIGS-Dünnschichten, von der Materialforschung bis hin zur Entwicklung von Bauelementen“, fügt Rau hinzu. Anfragen nach Daten und Erfahrungen, auch aus dem Ausland, kommen bereits jetzt in großer Anzahl.