Meilenstein erreicht: Erster Strahl aus der Elektronenquelle für bERLinPro

Blick ins Labor, in dem die Komponenten der Elektronenquelle getestet werden.

Blick ins Labor, in dem die Komponenten der Elektronenquelle getestet werden.

Im Bild zu sehen ist ein Abbild des Elektronenstrahls auf einem Leuchtschirm in der Diagnosebeamline.

Im Bild zu sehen ist ein Abbild des Elektronenstrahls auf einem Leuchtschirm in der Diagnosebeamline.

Am HZB-Standort in Adlershof bauen Forschende einen Prototyp eines Linearbeschleunigers mit Energierückgewinnung (bERLinPro) auf. An der Entwicklung der weltweit einzigartigen Schlüsselkomponenten, die für die Anlage benötigt werden, wird seit Jahren intensiv geforscht. Nun haben die Wissenschaftler einen wichtigen Meilenstein erreicht: Aus dem Zusammenspiel von Kathode, Laserpuls und elektrischem Feld in der Kavität sind zum ersten Mal in einem Testsystem Elektronen erzeugt und beschleunigt worden.

In den letzten Monaten haben die Forscherinnen und Forscher vier Komponenten, die zur Erzeugung der Elektronenpakete erforderlich sind, bis zur Testreife entwickelt und gebaut: eine Halbleiter-Photokathode aus Kalium-Cäsium-Antimonid; ein Laser, der Lichtpulse in unterschiedlichen Wellen- und Pulslängen auf die Kathode schießt; eine supraleitende Hochfrequenz-Kavität, in der Elektronenpakete nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden und eine Strahldiagnose-Beamline, in der wichtige Strahlparameter exakt vermessen werden können. Diese Komponenten wurden nun im GunLab, einem 75 Quadratmeder großen Labor, miteinander verbunden und erfolgreich getestet.

Elektronen erzeugen mit Hochleistungslaser und Photokathode 

Verantwortlich für die Photokathode ist Julius Kühn. Gemeinsam mit seinem Team hat er untersucht, unter welchen Bedingungen Kalium und Cäsium mit Antimon so reagieren, dass eine Halbleiter-Kathode mit hoher Quanteneffizienz entsteht: „Jetzt arbeiten wir an einem optimierten Verfahren, mit dem sich die Kathoden reproduzierbar und mit großer Quanteneffizienz herstellen lassen. Das bedeutet, dass ein Photon möglichst viele Elektronen aus der Oberfläche herausschlagen kann.“

Ein Hochleistungslaser stellt die Photonen in Form von ultra-kurzen Lichtpulsen zur Verfügung, wie Guido Klemz erläutert. Er ist zuständig für die Lasertechnologie bei Photoinjektoren und Beschleunigern. „Wir haben einen bereits existierenden Laser so weiter entwickelt, dass er jetzt Lichtpulse mit einer variablen Länge von zehn bis 20 Pikosekunden und unterschiedlichen Wellenlängen erzeugen kann.“

Die Variabilität bei den Wellenlängen ist erforderlich, weil die Forscher zunächst mit einer einfachen Kupfer-Photokathode arbeiten, bevor die vakuumtechnisch anspruchsvollere Halbleiter-Photokathode zum Einsatz kommt. Bei der Entwicklung ihres Hochleistungslasers haben die HZB-Wissenschaftler intensiv mit dem Max-Born-Institut zusammengearbeitet. „Diese Kooperation werden wir auch bei der Entwicklung des Lasersystems fortsetzen, das später für bERLinPro erforderlich ist“, sagt Andreas Jankowiak, Leiter des HZB-Instituts Beschleunigerphysik.

Supraleitender Hochfrequenz-Resonator beschleunigt Elektronenpakete

Laser und Photokathode sind damit in einem Entwicklungszustand, in dem sie auf die dritte wichtige Komponente im GunLab treffen können: Den supraleitenden Hochfrequenz-Resonator, in dem elektromagnetische Wechselfelder die Elektronenpakete nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Jens Knobloch ist Leiter des HZB-Instituts SRF – Wissenschaft und Technologie und für die Entwicklung der Resonatoren verantwortlich: „Der Resonator, der in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Jefferson-Lab entstanden ist, ist äußerst empfindlich gegenüber Verunreinigungen schon durch winzigste Fremdpartikel, wie zum Beispiel kleinste Staubteilchen mit wenigen Tausendstel Millimeter Durchmesser.“ Der Ein- und Anbau von Kühleinheiten, Hochfrequenzsendern und anderen Komponenten musste deshalb im Reinraum und unter äußerster Partikelfreiheit ablaufen. Das ist dem Team gelungen, wie Tests der Hochfrequenzeigenschaften gezeigt haben. „Der Resonator baut stabile und sehr hohe Felder auf“, sagt Axel Neumann, Physiker in Knoblochs Team und wesentlich an der Entwicklung und Installation des Resonators beteiligt. „Die geplanten Werte werden exakt erreicht; Abweichungen liegen im Bereich der Messungenauigkeiten."

Das Zusammenwirken der Komponenten erfolgreich getestet

Vor wenigen Tagen ist es den beteiligten Teams gemeinsam gelungen, die Komponenten zum ersten Mal gemeinsam zu testen, Elektronen zu erzeugen und zu beschleunigen. „Jetzt gilt es anhand des Signals die Einstellparameter der Elektronenquelle so zu optimieren, dass wir Mitte Januar zum ersten Mal eine Multi-Alkali-Kathode mit hoher Quanteneffizienz in die Elektronenquelle einschleusen können", sagt Thorsten Kamps vom Institut für Beschleunigerphysik. Und Axel Neumann ergänzt: „Wenn alles gut geht, haben wir gezeigt, wie eine weltweit einmalige Elektronenquelle gebaut werden kann, mit der wir bERLinPro mit Elektronenpaketen höchster Qualität starten können.“

(hs/sz)


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