Hochempfindliche Methode zum Nachweis von Ionen-Paaren in wässriger Lösung

Robert Seidel leitet die Nachwuchsgruppe Operando Grenzflächen-Photochemie.

Robert Seidel leitet die Nachwuchsgruppe Operando Grenzflächen-Photochemie. © HZB/Setzpfandt

Die Lithiumchlorid-Lösung wurde als sehr feiner Flüssigkeitsstrahl in eine Vakuumkammer injiziert und mit weicher Röntgenstrahlung untersucht.

Die Lithiumchlorid-Lösung wurde als sehr feiner Flüssigkeitsstrahl in eine Vakuumkammer injiziert und mit weicher Röntgenstrahlung untersucht. © HZB/Setzpfandt

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum Berlin, der Freien Universität Berlin, der Universität Heidelberg und der Universität für Chemie und Technologie Prag haben einen zuvor nur theoretisch vorhergesagten, speziellen Elektronentransfer in einer wässrigen Salz-Lösung experimentell nachgewiesen. Von den Ergebnissen erhoffen sie sich eine extrem sensitive Methode zum Nachweis von Ionenpaaren in Lösungen.

Es gelang ihnen, den sogenannten Electron-Transfer-Mediated-Decay (ETMD) zu belegen. „Der ETMD ist ein Zerfallskanal, der entsteht, wenn ein Rumpfloch in einem Molekül von einem Elektron eines benachbarten Moleküls gefüllt wird. Die dabei freiwerdende Energie wird dann zur Ionisation dieses oder eines weiteren Nachbarmoleküls verwendet“, erklärt Prof. Dr. Emad Flear Aziz.

„Dieser Zerfall ist nicht-lokal und steht damit in Konkurrenz zu dem viel häufiger vorkommenden Auger-Zerfall und dem Intermolekularen Coulomb-Zerfall (ICD)“, erläutert Koautor Dr. Robert Seidel. Bei beiden Prozessen werde das Loch jeweils durch ein Elektron desselben Moleküls gefüllt. Der ETMD-Prozess sei bereits im Jahr 2001 theoretisch vorhergesagt und 2011 erstmalig in Gasclustern nachgewiesen worden, erklärt der Physiker.

Für den ETMD-Nachweis in wässriger Lösung verwendeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Lithiumchlorid-Salz, da bei Lithiumionen in Wasser weder der Auger- noch der ICD-Zerfall möglich sei. Auf diese Weise erhöhten sie die Wahrscheinlichkeit für den ETMD-Prozess und dessen Nachweis.

Die Messungen fanden am BESSY-II-Synchrotron mit der Liquidjet-PES-Anlage statt. Die Lithiumchlorid-Lösung wurde als sehr feiner Flüssigkeitsstrahl in eine Vakuumkammer injiziert und mit weicher Röntgenstrahlung untersucht.

„Da die Stärke des ETMD-Prozesses deutlich vom Abstand zum Nachbarmolekül beeinflusst wird, lassen sich aus der Form und der Intensität des ETMD-Spektrums Aussagen über die Ionenpaarung treffen“, erklärt Aziz. Das bedeute, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ETMD ein spektroskopisches Werkzeug zur Hand haben, mit dem sich die unmittelbare Solvathülle um ein Ion in wässriger Lösung bestimmen lasse. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im renommierten Fachjournal Nature Chemistry veröffentlicht.

Zur Presseinfo der Freien Universität Berlin

Die Publikation: Observation of electron-transfer-mediated decay in aqueous solution

Isaak Unger, Robert Seidel, Stephan Thürmer, Marvin N. Pohl, Emad F. Aziz, Lorenz S. Cederbaum, Eva Muchová, Petr Slavíček, Bernd Winter, and Nikolai V. Kryzhevoin.

Nature Chemistry (2017). DOI: 10.1038/nchem.2727

Freie Universität Berlin/red

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Ernst-Eckhard-Koch-Preis und Innovationspreis Synchrotronstrahlung
    Nachricht
    13.12.2024
    Ernst-Eckhard-Koch-Preis und Innovationspreis Synchrotronstrahlung
    Auf dem diesjährigen Nutzertreffen zeichnete  der Freundeskreis des HZB die herausragende Promotionsarbeit von Dr. Dieter Skroblin von der Technischen Universität Berlin mit dem Ernst-Eckhard-Koch-Preis aus. Der Europäische Innovationspreis Synchrotronstrahlung ging an Dr. Manfred Faubel vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen und Dr. Bernd Winter vom Fritz-Haber-Institut in Berlin.
  • Modernisierung der Röntgenquelle BESSY II
    Nachricht
    11.12.2024
    Modernisierung der Röntgenquelle BESSY II
    Im Fokus des Nutzertreffens 2024: Das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) stellt das Upgrade-Programm BESSY II+ vor.  Es ermöglicht, die Weltklasse-Forschung an BESSY II weiter auszubauen und neue Konzepte im Hinblick auf die Nachfolgequelle BESSY III zu erproben.  

  • Weniger ist mehr: Warum ein sparsamer Iridium-Katalysator so gut funktioniert
    Science Highlight
    05.12.2024
    Weniger ist mehr: Warum ein sparsamer Iridium-Katalysator so gut funktioniert
    Für die Produktion von Wasserstoff mit Elektrolyse werden Iridiumbasierte Katalysatoren benötigt. Nun zeigt ein Team am HZB und an der Lichtquelle ALBA, dass die neu entwickelten P2X-Katalysatoren, die mit nur einem Viertel des Iridiums auskommen, ebenso effizient und langzeitstabil sind wie die besten kommerziellen Katalysatoren. Messungen an BESSY II haben nun ans Licht gebracht, wie die besondere chemische Umgebung im P2X-Kat während der Elektrolyse die Wasserspaltung befördert.