Wettlauf der Solarstrom-Technologien: Dünnschicht-Photovoltaik holt auf

Flexible CIGS-Module.

Flexible CIGS-Module. © ZSW

Gebäudeintegrierte CIGS-Dünnschichtphotovoltaik mit 500 Quadratmetern Modulfläche.

Gebäudeintegrierte CIGS-Dünnschichtphotovoltaik mit 500 Quadratmetern Modulfläche. © Manz AG

ZSW und HZB legen aktuelle Daten vor – neue Chancen für die EU-Solarindustrie

Der überwiegende Teil der Photovoltaikanlagen weltweit ist mit Solarzellen aus kristallinem Silizium bestückt. Dank großer Fortschritte in der CIGS-Dünnschichttechnologie könnte sich dies künftig ändern. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung, die das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) zusammen mit internationalen Experten aus Forschung und Industrie durchgeführt haben. Für die Solarindustrie in Europa eröffnen sich dadurch große Chancen, so die Partner in einem auf www.cigs-pv.net veröffentlichten „White Paper“.

Die CIGS-Dünnschichttechnologie ist die am weitesten entwickelte Siliziumalternative und wird derzeit immer preiswerter. Sie liefert zudem höhere Erträge unter Schwachlicht und Schatten und ermöglicht optisch ansprechende Einsatzoptionen.

Die Zahlen sind beeindruckend: Im Jahr 2015 wurden weltweit 52 Gigawatt Solarstromleistung neu installiert – ein neuer Rekord. Insgesamt beträgt die global installierte Leistung mindestens 220 Gigawatt. Die jährliche Nachfrage soll in den nächsten Jahren auf über 100 Gigawatt steigen, die Überkapazitäten schwinden. Das macht bald neue Solarfabriken nötig.

Wirkungsgrad und Kosten nähern sich der Silizium-PV an

Der Platzhirsch unter den Photovoltaiktechnologien mit einem überragenden Marktanteil von über 90 Prozent ist immer noch die kristalline Silizium-PV. Die Fortschritte der Dünnschicht-Photovoltaik auf Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) lassen aber aufhorchen. Nach dem Eintritt in die Massenproduktion im Gigawattmaßstab inklusive schlüsselfertiger Produktionsanlagen purzeln aktuell die Rekorde.

Während multikristalline Siliziumzellen heute Wirkungsgrade von 21,3 Prozent erreichen, kommen CIGS-Solarzellen inzwischen schon auf 22,3 Prozent. Bei den Modul-Wirkungsgraden ist die Silizium-PV nur noch geringfügig besser, die beiden Technologien liegen mit 15 bis 17 Prozent Effizienz nah beieinander. Die Produktionskosten der CIGS-Module sind mittlerweile sogar auf das Niveau der Siliziumtechnologie gesunken – 40 US-Cent pro Watt.

Da die Produktionskapazitäten der recht jungen Dünnschicht-PV noch nicht so groß sind wie bei ihrer Konkurrenz, sind nach einem Ausbau deutlich bessere Werte möglich. Wirkungsgrade von 18 Prozent und mehr sowie Kosten von rund 25 US-Cent pro Watt sind laut ZSW
und HZB bei CIGS-PV-Fabriken mit einer jährlichen Kapazität von 500 bis 1.000 Megawatt erreichbar. Die konkurrenzfähigen Kosten stellen sich, anders als bei der Silizium-PV, bereits bei einem vergleichsweise geringen Produktionsvolumen ein. Für Investoren bedeutet das deutlich niedrigere Einstiegsinvestitionen.

Konkurrenz für multikristalline Silizium-Module wird stärker

Die Dünnschicht-Technologie besitzt darüber hinaus technische Vorteile: Die Module sind leichter und liefern höhere Erträge unter Schwachlichtbedingungen. Der geringere Energie- und Materialverbrauch bei der Herstellung hat kürzere Energierücklaufzeiten zur Folge – es muss weniger Energie aufgewendet werden, um die Module herzustellen. Auch die höhere Schattentoleranz ist ein Pluspunkt für Anlagenbesitzer. Da die Module homogen erscheinen, lassen sie sich optisch attraktiv in Hausdächer oder Fassaden integrieren. Auch flexible Varianten, die mit der hohen CIGS-Effizienz punkten können, werden entwickelt.

„Solarstrommodule auf Basis von Silizium werden noch eine Weile den übergroßen Marktanteil besitzen“, sagt ZSW-Vorstand Prof. Dr. Michael Powalla. „Die Chancen für die CIGS-Dünnschichtphotovoltaik sind jüngst aber wieder gestiegen.“ Gerade für Modulhersteller und den Anlagen- und Maschinenbau in Deutschland und Europa sei das jetzt eine Chance.

Die neuen Informationen haben Michael Powalla und sein Kollege Prof. Dr. Rutger Schlatmann vom HZB zusammen mit 25 weiteren Experten aus aller Welt zusammengetragen und in einem White Paper veröffentlicht: Das vier Seiten umfassende Dokument steht in englischer Sprache unter www.cigs-pv.net als Download zur Verfügung.

ZSW/HZB


Das könnte Sie auch interessieren

  • Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) eröffnet
    Nachricht
    19.06.2024
    Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) eröffnet
    Am 17. Juni 2024 ist in Jena das Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) im Beisein von Wolfgang Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft des Freistaates Thüringen, feierlich eröffnet worden. Das Institut wurde vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) in Kooperation mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena gegründet: Es widmet sich der Entwicklung nachhaltiger Polymermaterialien für Energietechnologien. Diese sollen eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen und Deutschlands Ziel unterstützen, bis 2045 klimaneutral zu werden.
  • „Forschung und Entwicklung ist auch in Kriegszeiten entscheidend!“
    Interview
    18.06.2024
    „Forschung und Entwicklung ist auch in Kriegszeiten entscheidend!“
    Am 11. und 12. Juni fand die Ukraine Recovery Conference in Berlin statt. Begleitend diskutierten Vertreter*innen von Helmholtz, Fraunhofer und Leibniz, wie Forschung zu einem nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine beitragen kann. In diesem Interview spricht Bernd Rech, wissenschaftlicher Geschäftsführer am HZB, über die Bedeutung von Forschung während des Krieges und Projekten wie Green Deal Ukraina.

  • MXene als Energiespeicher: Chemische Bildgebung blickt nun tiefer
    Science Highlight
    17.06.2024
    MXene als Energiespeicher: Chemische Bildgebung blickt nun tiefer
    Eine neue Methode in der Spektromikroskopie verbessert die Untersuchung chemischer Reaktionen auf der Nanoskala, sowohl auf Oberflächen als auch im Inneren von Schichtmaterialien. Die Raster-Röntgenmikroskopie (SXM) an der MAXYMUS-Beamline von BESSY II ermöglicht den hochsensitiven Nachweis von chemischen Gruppen, die an der obersten Schicht (Oberfläche) adsorbiert oder in der MXene-Elektrode (Volumen) eingelagert sind. Die Methode wurde von einem HZB-Team unter der Leitung von Dr. Tristan Petit entwickelt. Das Team demonstrierte die Methode nun an MXene-Flocken, einem Material, das als Elektrode in Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt wird.