“Teufelstreppe” in einem Spin-Ventil-System

Der Durchmesser der hexagonalen Einkristalle aus SrCo<sub>6</sub>O<sub>11</sub> misst h&ouml;chstens 0,2 Millimeter.

Der Durchmesser der hexagonalen Einkristalle aus SrCo6O11 misst höchstens 0,2 Millimeter.

Die Probe zeigt Plateaus in der Magnetisierung die mit unterschiedlichen Spin-Anordnungen verbunden sind.

Die Probe zeigt Plateaus in der Magnetisierung die mit unterschiedlichen Spin-Anordnungen verbunden sind.

Ein Japanisch-Deutsches Team entdeckt in einem komplexen Kobaltoxid-Einkristall an BESSY II, wie sich die Spins stufenweise zu einer ungewöhnlichen Anordnung formieren. Dies könnte neue spintronische Bauelemente ermöglichen.

Materialien mit komplexen magnetischen Strukturen gelten als interessante Kandidaten für Anwendungen in der “Spintronik”, deren Ziel es ist, mit weitaus weniger Energieeinsatz Daten zu verarbeiten oder zu speichern. Ein bekanntes Beispiel ist das so genannte “Spin-Ventil“, bei dem die Stromstärke, die durch das Element durchgelassen wird, empfindlich von der Anordnung der magnetischen Spins abhängt. In künstlichen Schichtsystemen können diese Anordnungen durch äußere magnetische Felder kontrolliert werden, was zu dem Riesenmagnetowiderstand-Effekt (Giant Magnetoresistance oder GMR) führt, für den Albert Fert und Peter Grünberg 2007 den Nobelpreis für Physik erhielten.

Kobaltoxide: magnetisch höchst komplex

Während klassische GMR-Systeme aus metallischen Schichten bestehen, die künstlich übereinander gewachsen werden, bieten oxidische Materialien eine interessante Alternative: Denn hier können  sich Schichtstrukturen mit alternierenden magnetischen Konfigurationen intrinsisch einstellen,. So weisen Kobaltoxide komplexe magnetische Ordnungen auf, die sich mit steigendem Feld verändern und sich zum Beispiel als Plateaus in der Magnetisierungskurve zeigen.

Magnetische Strukturen kartiert

Ein japanisches Team um Professor Hiroki Wadati, Universität Tokio, hat nun die magnetischen Strukturen in SrCo6O11 am Hochfeld-Diffraktometer von BESSY II charakterisiert. Wie häufig bei der Synthese neuer Materialien, mussten sie mit winzigen Einkristallen arbeiten, die Durchmesser von gerade mal 0,2 Millimetern besaßen. Durch die extrem empfindliche Methode der resonanten Röntgenstreuung, eine Spezialität der Instrumentierung an der UE46_PGM1 Beamline von BESSY II, gelang es ihnen jedoch an diesen Proben, die mit bloßem Auge kaum sichtbar sind, eine hochinteressante Beobachtung zu machen. Sie entdeckten eine “Teufelstreppe” in der Spin-Anordnung. Dieses Phänomen tritt auf, wenn sich durch einen äußeren Parameter, hier ein magnetisches Feld, unzählig viele kommensurable Überstrukturen einstellen lassen.

Teufelstreppe eröffnet neue Optionen

Dies geht weit über ein einfaches Spinventil hinaus und könnte neue Anwendungen in der Spintronik ermöglichen. An der Forschungsarbeit, die nun in Physical Review Letters publiziert ist, war auch ein Team vom Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden und vom HZB beteiligt.

Publikation:  T. Matsuda, S. Partzsch, T. Tsuyama, E. Schierle, E. Weschke, J. Geck, T. Saito, S. Ishiwata, Y. Tokura, and H. Wadati, "Observation of a Devil’s Staircase in the Novel Spin-Valve System SrCo6O11", Physical Review Letters 114 (236403-1-5):
doi:10.1103/PhysRevLett.114.236403.


Eugen Weschke


Das könnte Sie auch interessieren

  • Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren
    Science Highlight
    17.07.2024
    Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren
    Die besonderen Eigenschaften von magnetischen Materialien aus der Gruppe der Seltenen Erden gehen auf Elektronen in der 4f-Schale zurück. Bislang galten die magnetischen Eigenschaften der 4f-Elektronen als kaum kontrollierbar. Nun hat ein Team von HZB, der Freien Universität Berlin und weiteren Einrichtungen erstmals gezeigt, dass durch Laserpulse 4f-Elektronen beeinflusst – und damit deren magnetische Eigenschaften verändert werden können. Die Entdeckung, die durch Experimente am EuXFEL und FLASH gelang, weist einen neuen Weg zu Datenspeichern mit Seltenen Erden.
  • BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Science Highlight
    09.07.2024
    BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Feststoffbatterien können mehr Energie speichern und sind sicherer als Batterien mit flüssigen Elektrolyten. Allerdings halten sie nicht so lange und ihre Kapazität nimmt mit jedem Ladezyklus ab. Doch das muss nicht so bleiben: Forscherinnen und Forscher sind den Ursachen bereits auf der Spur. In der Fachzeitschrift ACS Energy Letters stellt ein Team des HZB und der Justus-Liebig-Universität Gießen eine neue Methode vor, um elektrochemische Reaktionen während des Betriebs einer Feststoffbatterie mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II genau zu verfolgen. Die Ergebnisse helfen, Batteriematerialien und -design zu verbessern.

  • HZB-Magazin lichtblick - die neue Ausgabe ist da!
    Nachricht
    09.07.2024
    HZB-Magazin lichtblick - die neue Ausgabe ist da!
    Auf der Suche nach dem perfekten Katalysator bekommt HZB-Forscher Robert Seidel nun Rückenwind – durch einen hochkarätigen ERC Consolidator Grant. In der Titelgeschichte stellen wir vor, warum die Röntgenquelle BESSY II für sein Vorhaben eine wichtige Rolle spielt.