Lebhafter Austausch beim Nutzertreffen
Markus Ries (links) und Alex Manuel Frano Pereira (rechts) erhielten von Prof. Mathias Richter vom Freundeskreis des HZB den Ernst-Eckhard Koch-Preis für ihre herausragenden Promotionsarbeiten. © M. Setzpfand/HZB
Vom 3. bis 5. Dezember haben sich über 500 Nutzerinnen und Nutzer der beiden HZB-Großgeräte BER II und BESSY II getroffen, um sich über den Stand der technischen Möglichkeiten zu informieren und über wissenschaftliche Fragen auszutauschen.
Der „Neutron Day“ am 3. Dezember fand in Wannsee statt, der „Synchrotron Day“ am 5. Dezember in Adlershof. An diesen beiden Tagen lag der Schwerpunkt auf der Instrumentierung. Höhepunkt war der „Science Day“ am 4. Dezember im Adlershofer Bunsensaal mit hervorragenden Vorträgen über wissenschaftliche Resultate, die mithilfe von BESSY II und BER II erzielt wurden, einer Postersession und dem Berliner Buffett.
Molekulares "Lego", Zähne und Krebstherapie
In seiner Key-note Lecture zeigte Christof Wöll (KIT) wie sich große organische Moleküle gezielt zu kristallartigen Strukturen anordnen lassen, die besondere Poren aufweisen. Der Vortrag zeigte wieder einmal, wie sehr Chemie und Physik auch vom „Spieltrieb“ profitieren, denn das Molekularlego ermöglicht jetzt schon das gezielte Design neuartiger Materialien mit besonderen Eigenschaften. Eindrucksvoll war auch der Vortrag von Paul Zaslansky von der Charité Universitätsmedizin über seine Untersuchungen zur Wurzelkanalbehandlung an der BAM-Beamline von BESSY II. Er konnte nachweisen, dass das Ausbohren der Zahnwurzeln nicht zu kleinen Frakturen und Rissen im Zahn führt und forderte:„Wir müssen auch Resultate veröffentlichen, die zeigen, dass etwas NICHT die Ursache für Schäden ist.“ Pål Stenmark (Stockholm University) sprach über neue Wege in der Krebstherapie, die ein Team aus fünf schwedischen Universitäten nun untersucht. Dabei wird gezielt ein Enzym (MTH1) gehemmt, das Krebszellen für ihr Überleben benötigen. Die Forschungsgruppe aus Stockholm konnte die Struktur des Enzyms MTH1 an der MX-Beamline von BESSY II bestimmen und dadurch Ansatzpunkte für hemmende Wirkstoffe identifizieren.
In seiner Public Lecture führte Christoph Lienau (Universität Oldenburg) vor, dass sich der Ladungstransfer in organischen Solarzellen heute schon ziemlich gut berechnen lässt und zeigte bunte Visualisierungen dieser dynamischen Prozesse. Mit deutlich kürzeren Lichtpulsen als sie bisher an Synchrotronquellen zur Verfügung stehen, würden sich diese Ladungsbewegungen dann auch experimentell abbilden lassen, stellte er in Aussicht.
Mit großem Interesse wurden auch die Vorträge in den Young Scientist Sessions am Neutronen Tag und am Synchrotron Tag aufgenommen. Insgesamt 11 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begeisterten die Auditorien mit ihren sehr engagierten Vorträgen.
Preise am Science-Day:
Am 4. Dezember vergab der Freundeskreis Helmholtz-Zentrum Berlin bereits zum 24. mal den Ernst-Eckhard-Koch-Preis für eine herausragende Promotionsarbeit auf dem Gebiet der Forschung mit Synchrotronstrahlung, mit dem diesmal zwei Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet wurden:
Alex Manuel Frano Pereira, inzwischen Postdoc an der University of California Berkeley, wurde für seine Promotionsarbeit „Ordering Phenomena in Transition-Metal-Oxide Heterostructures“ an der TU Berlin ausgezeichnet, die sich mit Spin- und Ladungsdichtewellen in oxidischen Materialien beschäftigt. Die Resultate sind für das Feld hochrelevant und werden vorbildlich und auf dem neusten Stand der Literatur diskutiert, sagten die Gutachtenden. Frano Pereira konnte sie in Nature, Science und Physical Review Letters publizieren und seine Arbeiten wurden bereits mehr als 450mal zitiert.
Der Beschleunigerphysiker Markus Ries erhielt den Preis für seine Arbeit über “Nonlinear Momentum Compaction and Coherent Synchrotron Radiation at the Metrology Light Source” an der HU Berlin. Damit habe er einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis und zur Weiterentwicklung des Betriebs von Speicherringen mit variablen kurzen Elektronenpaketen geleistet, urteilte das Preiskomitee. Seine Ergebnisse fließen direkt in das Zukunftsprojekt BESSY-VSR des HZB ein, in dem Markus Ries nun als Postdoc seine Forschungen fortsetzt.
Der Innovationspreis Synchrotronstrahlung wurde zum 14. mal für eine Leistung vergeben, die signifikant zur Weiterentwicklung von Techniken, Methoden oder Nutzen der Synchrotronstrahlung innerhalb Europas beigetragen hat. Das Freundeskreis Helmholtz-Zentrum Berlin vergab den Preis in diesem Jahr an Mirko Holler, Ana Diaz, Manuel Guizar-Sicairos und Jörg Raabe des OMNY-Teams von PSI an der Swiss Light Source. Mit ihren Arbeiten zur methodischen Entwicklung im Bereich kohärenter diffraktiver Bildgebung, der sogenannten „Ptychography“, haben sie neue Standards für die hochauflösende 3D-Mikroskopie mit Röntgenstrahlung gesetzt. Der Innovationspreis Synchrotronstrahlung wird durch die SPECS GmbH und die BESTEC GmbH gesponsert. Die Laudatio bei der Preisvergabe am 4. Dezember hielt Stefan Eisebitt von der TU Berlin.
Den Preis für das beste Poster vergab das HZB-Nutzerkomitee an Lucas Gierster vom HZB für die übersichtliche und gut aufgebaute Darstellung einer Arbeit zu Laser induzierten Schaltprozessen in dünnen TbFeCo-und GdFeCo-Filmen.
184 Poster, 49 Aussteller
Während der Postersessions beim Science Day in der BESSY-Experimentierhalle stellten Nutzer wie HZB-Forschungsgruppen auf insgesamt 184 Postern ihre Arbeiten vor, die sie an den HZB-Großgeräten durchführen. Das Spektrum reichte von den Lebenswissenschaften über die physikalische Grundlagenforschung bis zur industrienahen Materialforschung.
Außerdem fanden zwei Satelliten-Workshops statt, einer im Bereich der Proteinkristallographie (Fragment Sceening by Crystallorgaphy) und der erste einer Reihe von Zukunftsworkshops mit dem Thema Tender X-Rays, die zusammen nahezu 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten.
Wie bereits in den Vorjahren wurde das Nutzertreffen von einer Industrieausstellung mit breiter Produktpalette für die Ausstattung von Synchrotronspektroskopie- und Neutronenstreuexperimenten begleitet, die sehr gut besucht war. Die 49 Aussteller ermöglichten durch ihre Spenden ein üppiges „Berliner Buffet“ am Donnerstagabend, das Gelegenheit für weitere Gespräche und Kontakte bot. Die Organisatoren danken außerdem der Adlershof con.vent, dem Veranstaltungsservice der WISTA-Management GmbH für die Unterstützung.