26 Tesla! Der Hochfeldmagnet übertrifft die Erwartung

Das HFM-Team Anfang 2014 mit dem gerade gelieferten Hochfeldmagneten.

Das HFM-Team Anfang 2014 mit dem gerade gelieferten Hochfeldmagneten. © P. Dera/HZB

Hier wird die resistive Bitter-Spule vorsichtig eingebaut. Die äußere Spule ist supraleitend und muss mit flüssigem Helium gekühlt werden.

Hier wird die resistive Bitter-Spule vorsichtig eingebaut. Die äußere Spule ist supraleitend und muss mit flüssigem Helium gekühlt werden. © HZB

Armdick sind die Kupferkabel, die den HFM mit Strom versorgen.

Armdick sind die Kupferkabel, die den HFM mit Strom versorgen. © HZB

Der Bildschirm zeigt es: 26,2 Tesla und 19997 Ampere.

Der Bildschirm zeigt es: 26,2 Tesla und 19997 Ampere.

Es ist geschafft! Der Hochfeldmagnet produziert zuverlässig ein Magnetfeld von rund 26 Tesla und hält diesen Wert auch stabil über längere Zeit. Dabei übertreffen die 26 Tesla sogar den Zielwert von 25 Tesla, der Magnet ist also sogar noch etwas stärker als erhofft. Am Donnerstagnachmittag, den 16.10.2014, konnte Dr. Peter Smeibidl, der Leiter des achtköpfigen HFM-Teams, diesen Erfolg melden und sich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, den komplexen Hochfeldmagneten mit seinen Kühlanlagen und der eigenen Stromversorgung mit 4 Megawatt Leistung aufzubauen.

Darauf warten nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem HZB, sondern auch Messgäste aus aller Welt. Denn bestimmte quantenphysikalische Phänomene in Materie werden erst unter extremen Magnetfeldern deutlich sichtbar und Neutronen sind dafür die idealen Sonden, eine Kombination, die dann nur das HZB anbieten kann. Unter den extremen Magnetfeldern oberhalb von 20 Tesla könnten neue Ordnungszustände und Phasenübergänge in Hochtemperatursupraleitern, neuen Materialien für die Informationstechnologie und anderen Proben erstmals auch experimentell erforscht werden.

Zügiger Aufbau

Insgesamt ging die Erstinbetriebnahme des Hochfeldmagneten am HZB vergleichsweise reibungslos voran. „Die meisten Probleme, die in der Testphase aufgetreten sind, konnten wir überraschend zügig lösen“, sagt Projektkoordinator Dr. Hartmut Ehmler. Dies zeigt, dass die Qualitätskontrolle während der Herstellung der Spulen und während der Systemmontage funktioniert hat und alle Designvorgaben in die Realität umgesetzt wurden.

Alle Systeme gründlich getestet

Ein separater Test der resistiven Spule fand, nach Abschluss der Endmontage bereits im Juni statt. Nach dem Abkühlen der supraleitenden Spule, das wegen der großen Masse mehrere Wochen in Anspruch nahm, konnten dann Mitte August die entscheidenden Tests des Hybridsystems, also beider Spulen in Serienschaltung, beginnen: Das Hochfahren des Stroms, zuerst von null auf nur 1000 Ampere, und dann auf immer höhere Werte. Dabei wurde unter anderem getestet, wie das System auf sich ändernde Stromstärken reagiert (Induktion), welche Kräfte und Spannungsspitzen dabei auftreten und ob dies mit dem vorher berechnetem Verhalten konsistent ist.

Unterstützt wurde das HZB-Team von Ingenieuren aus dem National High Field Laboratory, Tallahassee, Florida, die sowohl die supraleitende äußere Spule als auch die resistive innere Spule eigens für das HZB entwickelt und hergestellt hatten.

Bis zuletzt spannend

Aus Sicherheitsgründen wurde das Verhalten der gesamten Anlage bei einer Notabschaltung und anderen Störfällen getestet. Bei ca. 14 Tausend Ampère, welches der halben Leistung entspricht, traten unerwartete Schwierigkeiten auf: Die freigesetzte Energie während einer kontrollierten Abschaltung überstieg vorherige Berechnungen und führte zu einer größeren Erwärmung und Druckanstieg im Kühlmittel Helium als vorgesehen. Um das Risiko zu minimieren wurden dann in den folgenden Wochen die Ventile der Kryoanlage angepasst, bevor die Tests bei höheren Strömen fortgesetzt werden konnten.

Bis zuletzt blieb es spannend, ob die letzten paar Tausend Ampere bis zum Ziel weitere Überraschungen bereithalten würden. Aber zum Glück arbeiteten alle Systeme störungsfrei zusammen, so dass der Strom schrittweise bis zum Endwert von 20 Tausend Ampère gesteigert werden konnte.

In den nächsten Wochen werden noch einige abschließende Tests durchgeführt bevor der Magnet dann bis Ende des Jahres an seinen endgültigen Platz in der Neutronenhalle II gebracht wird.

Mehr Informationen:
Wir haben den Aufbau des HFM im www.hzbzlog.com dokumentiert. Sie können dort nachlesen, was das Team erlebt hat und welche Probleme zu bewältigen waren. Bleiben Sie auf dem Laufenden, welche Herausforderungen beim Umzug des über 25 Tonnen schweren Magneten noch bewältigt werden müssen.

Interview mit Prof. Dr. Bella Lake zur wissenschaftlichen Motivation

Zum Aufbau des Hochfeldmagneten

Zur Erinnerung: Vor rund einem Jahr wurde die supraleitende Spule per Frachtflugzeug aus den USA nach Italien transportiert. Im Januar wurde der vormontierte Magnet per LKW über die Alpen gebracht.

Reportage nach Fertigstellung der supraleitenden Spule und zum Transport nach Italien

Bericht zur Ankunft des Magneten am HZB:

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Ultraschnelle Dissoziation von Molekülen an BESSY II analysiert
    Science Highlight
    02.12.2024
    Ultraschnelle Dissoziation von Molekülen an BESSY II analysiert
    Ein internationales Team hat an BESSY II erstmals beobachtet, wie schwere Moleküle (Bromchlormethan) in kleinere Fragmente zerfallen, wenn sie Röntgenlicht absorbieren. Mit einer neu entwickelten Analysemethode gelang es ihnen, die ultraschnelle Dynamik dieses Prozesses sichtbar zu machen. Dabei lösen die Röntgenphotonen einen „molekularen Katapulteffekt“ aus: Leichte Atomgruppen werden zuerst herausgeschleudert, ähnlich wie Geschosse, die von einem Katapult abgeschossen werden, während die schwereren Atome – Brom und Chlor – sich deutlich langsamer trennen.
  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II hat nun ein Team aus chinesischen Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

  • BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Science Highlight
    04.11.2024
    BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Umweltfreundliche Thermoplaste aus nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nach Gebrauch recyclen. Ihre Belastbarkeit lässt sich verbessern, indem man sie mit anderen Thermoplasten mischt. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, kommt es jedoch auf die Grenzflächen in diesen Mischungen an. Ein Team der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden hat nun an BESSY II untersucht, wie sich mit einem neuen Verfahren aus zwei Grundmaterialien thermoplastische „Blends“ mit hoher Grenzflächenfestigkeit herstellen lassen: Aufnahmen an der neuen Nanostation der IRIS-Beamline zeigten, dass sich dabei nanokristalline Schichten bilden, die die Leistungsfähigkeit des Materials erhöhen.