„Multispektral - Brille“ für das Rasterelektronenmikroskop

Bild des neuen WDS-Instruments, das mit Standard-Gehäuse und Standard-Flansch an ein Rasterelektronenmikroskop (Zeiss-EVO 40) angeschlossen ist.

Bild des neuen WDS-Instruments, das mit Standard-Gehäuse und Standard-Flansch an ein Rasterelektronenmikroskop (Zeiss-EVO 40) angeschlossen ist.

Messergebnisse der Spektren von Beryllium (oben, K-Schale) und Gallium (unten, L-Schale).

Messergebnisse der Spektren von Beryllium (oben, K-Schale) und Gallium (unten, L-Schale).

Reflektionszonenplatten aus dem HZB ermöglichen den präzisen Nachweis von leichten Elementen in Materialproben unter dem Rasterelektronenmikroskop, indem sie hohe Auflösung im Energiebereich von 50 – 1120 eV bieten.

Die Rasterelektronenmikroskopie wird nicht nur genutzt, um Probenoberflächen genau zu vermessen, sondern auch um ihre chemische Zusammensetzung zu bestimmen. Dafür regt der Elektronenstrahl beim Abtasten der Probe die Atome zu Fluoreszenz an. Diese Strahlung gibt Auskunft über Ort und Art des Elements, sofern sie präzise analysiert werden kann. Doch gerade die leichten Elemente des Periodensystems geben Strahlung in einem Energiebereich ab, der mit energiedispersiven Spektrometern (EDS) nicht hinreichend gut aufgelöst werden kann. Lithium, Beryllium, Bor, Kohlenstoff und Stickstoff spielen in Energiematerialien aber auch funktionalen Materialien eine wichtige Rolle.

Eine Lösung kommt nun aus dem HZB: Dort hatte Prof. Dr. Alexei Erko, der das Institut für Nanometeroptik und Technologie leitet, bereits vor einiger Zeit neuartige Optiken aus sogenannten Reflektionszonenplatten entwickelt und patentieren lassen. Sie bestehen aus tausenden von konzentrischen oder elliptischen Strukturen und  werden inzwischen an Synchrotronquellen wie BESSY II bei der Analyse der Röntgenstrahlung im niedrigen Energiebereich eingesetzt. Strahlung wird durch diese Optiken nicht gebrochen wie etwa an einer Glaslinse, sondern gebeugt, so dass Interferenzen entstehen.

„Unsere Kollegen vom IfG-Institute for Scientific Instruments GmbH hatten mich gefragt, ob sich eine Reflektionszonenplatten-Optik nicht auch an einem Elektronenmikroskop nutzen ließe, um dort die Auflösung im niedrigen Energiebereich zu steigern. Auf dieser Grundlage wurden im Institut für angewandte Photonik e. V. ein FuE-Projekt und in der IfG GmbH ein Anschlussprojekt durchgeführt; als Ergebnis konnte nun ein Funktionsmuster eines speziellen wellenlängendispersiven Spektrometers (WDS) realisiert werden, mit dessen Hilfe am Elektronenmikroskop auch die leichten Elemente sehr präzise nachweisbar sind, zum Beispiel Lithium, Bor und Beryllium aber auch Kohlenstoff und Sauerstoff“, erklärt Erko.

Das Spektrometer besteht aus einer Anordnung von 17 Reflektionszonenplatten und deckt den Energiebereich von 50 eV bis 1120 eV ab. Um eine noch höhere Auflösung zu erreichen, stellten die Wissenschaftler eine Optik aus 200 Reflektionszonenplatten her, die im Energiebereich von 100-1000 eV quasi-kontinuierliche Spektralmessungen liefert.
 
„Hohe Auflösungen in diesem Energiebereich sind wichtig, um die leichteren Elemente des Periodensystems nachweisen zu können. Das ist insbesondere für die Forschung an Energiematerialien wie Solarzellen, Batterien, Solaren Brennstoffen und Katalysatoren interessant. Es könnte aber auch für die Forschung an magnetischen Materialien und in den Lebenswissenschaften nützlich sein. Wir sind gespannt, für welche Fragestellungen dieses neue Werkzeug nun verwendet wird“, sagt Erko.

Referenz: 14 July 2014 | Vol. 22, No. 14 | DOI:10.1364/OE.22.016897 | OPTICS EXPRESS 16897

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II hat nun ein Team aus chinesischen Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.

  • BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Science Highlight
    04.11.2024
    BESSY II: Neues Verfahren für bessere Thermokunststoffe
    Umweltfreundliche Thermoplaste aus nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nach Gebrauch recyclen. Ihre Belastbarkeit lässt sich verbessern, indem man sie mit anderen Thermoplasten mischt. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, kommt es jedoch auf die Grenzflächen in diesen Mischungen an. Ein Team der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden hat nun an BESSY II untersucht, wie sich mit einem neuen Verfahren aus zwei Grundmaterialien thermoplastische „Blends“ mit hoher Grenzflächenfestigkeit herstellen lassen: Aufnahmen an der neuen Nanostation der IRIS-Beamline zeigten, dass sich dabei nanokristalline Schichten bilden, die die Leistungsfähigkeit des Materials erhöhen.
  • Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Science Highlight
    28.10.2024
    Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Einem Team aus Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg (IMTEK) und Siemens Energy ist es gelungen, eine hocheffiziente alkalische Membran-Elektrolyse Zelle erstmals im Labormaßstab in Betrieb zu nehmen. Das Besondere: Der Anodenkatalysator besteht dabei aus preisgünstigen Nickelverbindungen und nicht aus begrenzt verfügbaren Edelmetallen. An BESSY II konnte das Team die katalytischen Prozesse durch operando Messungen im Detail darstellen, ein Theorie Team (USA, Singapur) lieferte eine konsistente molekulare Beschreibung. In Freiburg wurden mit einem neuen Beschichtungsverfahren Kleinzellen gebaut und im Betrieb getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Nature Catalysis publiziert.