Mit ILGAR auf Rekordjagd

Eine Chalcopyrit-Dünnschicht-Solarzelle auf dem<br />Sonnensimulator-Teststand.<br />©HZB

Eine Chalcopyrit-Dünnschicht-Solarzelle auf dem
Sonnensimulator-Teststand.
©HZB

HZB-Wissenschaftler bekommen gleich zwei Wirkungsgrad-Rekorde für CIS-Dünnfilm-Solarmodule bestätigt

Der Bedarf an erneuerbaren Energien steigt – Klimawandel und Krise der Atomkraft treiben die Entwicklung an. Im Photovoltaikmarkt spielen CIS-Dünnfilm-Solarmodule eine immer größere Rolle. In ihnen werden Halbleiter eingesetzt – meist Kupfer-Verbindungen – so genannte Chalkopyrite – um aus Sonnenlicht Strom zu gewinnen. Das Institut „Heterogene Materialsysteme“ des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) hat jetzt gleich zwei Rekord-Wirkungsgrade für solche Solarzellen vom unabhängigen Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg bestätigt bekommen. Das Besondere: Die so genannte Pufferschicht der Solarzellen ist mit dem umweltfreundlichen, am HZB entwickelten Herstellungsverfahren ILGAR entstanden. Das normalerweise genutzte Schwermetall Cadmium kommt dabei nicht zum Einsatz.

Für alle Komponenten von Dünnfilm-Solarmodulen existieren technologisch günstige Produktionsprozesse – bis vor kurzem jedoch nicht für die Pufferschicht. Das Standard-Material für diese Komponente ist das giftige Cadmium-Sulfid. Das am HZB entwickelte ILGAR-Verfahren (Ion Layer Gas Reaction) hat hier Abhilfe geschaffen: Mit ihm lassen sich in standardisierten Prozessen Halbleiterschichten höchster Qualität für Dünnschichtsolarzellen herstellen. Die dabei produzierten Pufferschichten aus Indiumsulfid oder Zinksulfid/Indiumsulfid ersetzen in Dünnschichtsolarzellen nicht nur das giftige Cadmium. ILGAR macht auch ein Abscheideverfahren überflüssig: das als „Chemical Bath Deposition“ bezeichnete Verfahren, das als langsam und umweltschädlich gilt.

Für ihre Rekordzellen haben die HZB-Wissenschaftler Absorber – also lichtabsorbierende Schichten – genutzt, die standardmäßig in der Industrie im Einsatz sind. Damit wurden ihnen gleich zwei Solarzell-Wirkungsgrade bestätigt. 16,1 Prozent wurden für Zellen erreicht, die mit ILGAR-Indiumsulfid-Pufferschichten (In2S3) auf Bosch CIS Tech Cu(In,Ga)(S,Se)2-Absorbern hergestellt wurden (in-house Messung direkt nach Herstellung 16.8%). Für den Puffer war die HZB-Wissenschaftlerin Johanna Krammer verantwortlich. Sie konnte dabei auf umfangreiche Vorarbeiten der gesamten ILGAR-Gruppe zurückgreifen. Auf seiten der Firma Bosch sind Dr. A. Jasenek und Dr. F. Hergert zu nennen.

Auf Zellen mit Absorbern der Firma AVANCIS konnten die Wissenschaftler bei eigenen Messungen Zell-Wirkungsgrade von 16.4 Prozent feststellen. Gemeinsam mit dem Maschinenbauer Singulus-Stangl Solar wurde ein industrieller Prototyp eines ILGAR in-line-Beschichters entwickelt. Hiermit wurden im HZB bereits In2S3-Puffer mit einer Geschwindigkeit von 10 Millimeter pro Sekunde abgeschieden. Die resultierenden 30x30 Quadratzentimeter Solarmodule auf der Basis von AVANCIS Absorberschichten zeigten mit 13.7 Prozent eine gleichwertige Effizienz wie die mit Cadmiumsulfid gepufferten Referenzmodule.

Im Juni 2011 ist das ILGAR-Team um Professor Dr. Christian-Herbert Fischer auf der Clean Technology Conference & Expo in Boston, USA, für sein patentiertes ILGAR-Verfahren als einer von vier GERMAN HIGH TECH CHAMPIONS im Wettbewerb der Fraunhofer-Gesellschaft ausgezeichnet worden.

HS


Das könnte Sie auch interessieren

  • BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Science Highlight
    09.07.2024
    BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Feststoffbatterien können mehr Energie speichern und sind sicherer als Batterien mit flüssigen Elektrolyten. Allerdings halten sie nicht so lange und ihre Kapazität nimmt mit jedem Ladezyklus ab. Doch das muss nicht so bleiben: Forscherinnen und Forscher sind den Ursachen bereits auf der Spur. In der Fachzeitschrift ACS Energy Letters stellt ein Team des HZB und der Justus-Liebig-Universität Gießen eine neue Methode vor, um elektrochemische Reaktionen während des Betriebs einer Feststoffbatterie mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II genau zu verfolgen. Die Ergebnisse helfen, Batteriematerialien und -design zu verbessern.

  • HySPRINT Photovoltaics Lab eingeweiht
    Nachricht
    20.06.2024
    HySPRINT Photovoltaics Lab eingeweiht
    Nach zirka vierjähriger Umbauzeit haben Forschungsgruppen aus der Photovoltaik am 20. Juni 2024 ihre Räumlichkeiten in der Kekuléstraße bezogen. Das Gebäude hat mit der Wiedereröffnung auch einen neuen Namen bekommen, um die Forschung besser sichtbar zu machen: Es trägt nun den Namen HySPRINT Photovoltaics Lab.

  • Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) eröffnet
    Nachricht
    19.06.2024
    Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) eröffnet
    Am 17. Juni 2024 ist in Jena das Helmholtz-Institut für Polymere in Energieanwendungen (HIPOLE Jena) im Beisein von Wolfgang Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft des Freistaates Thüringen, feierlich eröffnet worden. Das Institut wurde vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) in Kooperation mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena gegründet: Es widmet sich der Entwicklung nachhaltiger Polymermaterialien für Energietechnologien. Diese sollen eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen und Deutschlands Ziel unterstützen, bis 2045 klimaneutral zu werden.