Dreidimensionale Charakterisierung von Katalysatornanopartikeln
Katalysatoren sind aus der modernen Technik nicht wegzudenken: Sie spielen eine große Rolle in chemischen Prozessen in der Industrie, bilden die Grundlage für schadstoffarme Autos und werden in Zukunft für die Energieerzeugung in Brennstoffzellen essenziell sein. In einer Zusammenarbeit des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) konnten Wissenschaftler erstmals Ruthenium-Katalysatorpartikel mit nur etwa zwei Nanometer Durchmesser mit Hilfe der Elektronen-Tomographie dreidimensional abbilden.
Unter Einsatz neuer Verarbeitungsalgorithmen gelang es den Wissenschaftlern anschließend, die chemisch aktive, freie Oberfläche der Partikel zu analysieren und zu bewerten. Diese detaillierte Untersuchung der Partikel ermöglicht Einblicke in das Wirken von Katalysatoren, die insbesondere in Brennstoffzellen-Fahrzeugen der Zukunft eine große Rolle spielen werden. Die Ergebnisse wurden im „Journal of the American Chemical Society“ (JACS) veröffentlicht.
Um das Wirken von Katalysator-Teilchen besser zu verstehen und diese entsprechend weiterzuentwickeln, ist es von großer Bedeutung, ihre dreidimensionale Form und Struktur zu kennen. Das Problem dabei ist, dass die Partikel meist nur um zwei Nanometer groß und damit zehntausendfach kleiner sind, als ein menschliches Haar dick ist. Dem HZB-Physiker Roman Grothausmann ist es im Rahmen seiner Doktorarbeit zusammen mit Kollegen vom HZB und der BAM gelungen, spezielle Katalysator-Nanopartikel dreidimensional zu analysieren, die für den Einsatz in Polymerelektrolyt (PEM)-Brennstoffzellen in Autos und Bussen am HZB entwickelt wurden. Die Wissenschaftler setzten dafür eine spezielle Technik ein – die Elektronentomographie. Diese Technik funktioniert ähnlich wie die aus der Medizin bekannte Computertomographie (CT) mit dem Unterschied, dass Nanopartikel, mit viel höherer Auflösung abgebildet werden. Dafür hat Grothausmann viele einzelne Elektronenmikroskopiebilder unter verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen. Wissenschaftler von der BAM haben anschließend mit einem neuartigen mathematischen Rekonstruktionsalgorithmus 3D-Bilder mit hoher Detailschärfe berechnet.
Die Katalyse in Brennstoffzellen findet an der Oberfläche des Katalysatormaterials statt. Da Katalysatormaterialien wie beispielsweise Platin oft sehr teuer sind, versucht man mit kleinen Partikeln möglichst viel Oberfläche zu erhalten. Nanopartikel haben eine besonders große Oberfläche im Verhältnis zu ihrem Volumen. Auf atomarer Ebene sind allerdings nicht alle Bereiche der Partikeloberfläche gleich: Manche Oberflächenbereiche ermöglichen aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften eine höhere Umsatzrate von chemischer zu elektrischer Energie als andere. Zudem steht nicht die gesamte Oberfläche der Nanopartikel der Katalyse zur Verfügung, da die Partikel eines heterogenen Katalysators nicht einfach im Raum schweben, sondern auf einem Träger ruhen. Die zur Reaktion benötigten Stoffe können nur die frei liegende Oberfläche erreichen. Zusätzlich ist aber auch eine elektrisch leitende Verbindung zu den Nanopartikeln nötig, um den Stromkreis der Brennstoff-Zelle zu schließen. Grothausmann und Kollegen konnten sowohl die frei liegende als auch die bedeckte Oberfläche von einigen tausend Nanopartikeln vermessen. Zusätzlich zur Größenverteilung der Nanopartikel wurden auch deren Formtendenzen bestimmt. Viele der Nanopartikel weichen von einer idealisierten Kugelform ab, was zusätzlich das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen erhöht. Abschließend wurde die Ausrichtung der Nanopartikel zur lokalen Oberfläche des Trägers ausgewertet. Dies ermöglicht statistische Aussagen darüber, wie häufig raue und besonders reaktive Flächenbereiche der Nanopartikel frei liegen.
Die Elektronentomographie ist eine Methode, die eine direkte Abbildung der 3D-Strukturen ermöglicht und so auch als Referenz dient, um die mit anderen Verfahren gewonnenen Messresultate besser zu verstehen. Der hier untersuchte Katalysator dient zur Beschleunigung der Elektroreduktion von Sauerstoff zu Wasser in PEM-Brennstoffzellen. Anstelle des üblicherweise eingesetzten und sehr teuren Platins wurde hier ein kostengünstigeres Material, und zwar „Ruthenium“, verwendet. Diese Promotionsarbeit trägt dazu bei, diese neuartigen Materialien besser zu verstehen und in Zukunft für die Anwendung in Brennstoffzellen weiter zu optimieren.
Publikation: R. Grothausmann, G. Zehl, I. Manke, S. Fiechter, P. Bogdanoff, I. Dorbandt, A. Kupsch, A. Lange, M. Hentschel, G. Schumacher, J. Banhart
Quantitative Structural Assessment of Heterogeneous Catalysts by Electron Tomography
Journal of the American Chemical Society, DOI: 10.1021/ja2032508 (2011)