Dem Leuchten auf den Grund gegangen - Wissenschaftler klären am HZB die Struktur eines designten Proteins auf

Bändermodell des fluoreszierenden Proteins „Dreiklang“, <br />dessen Struktur am Elektronenspeicherring BESSY<br />vermessen wurde.

Bändermodell des fluoreszierenden Proteins „Dreiklang“,
dessen Struktur am Elektronenspeicherring BESSY
vermessen wurde.

Fluoreszierende Proteine sind wichtige Untersuchungswerkzeuge in den Biowissenschaften: Angekoppelt an andere Eiweißstoffe, lassen sich mit ihrer Hilfe Lebensvorgänge in Zellen und Organismen auf molekularer Ebene genau studieren. Die Fluoreszenz-Proteine werden dazu gezielt zum Leuchten gebracht, beziehungsweise bei Bedarf in den nicht-leuchtenden Zustand überführt. Übertragen gesprochen: Sie werden wie eine Lampe an- oder ausgeschaltet. Am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) ist es Wissenschaftlern nun erstmals gelungen, die mit der Fluoreszenz verbundenen Strukturmerkmale an ein und demselben Proteinkristall im ein- und ausgeschalteten Zustand zu untersuchen. Die Ergebnisse haben sie in Nature Biotechnology veröffentlicht (doi:10.1038/nbt.1952).

Für ihre Arbeit nutzten die Forscher vom Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen und von der Freien Universität Berlin die MX-Beamline BL14.2 des HZB-Elektronenspeicherrings BESSY, die im Rahmen des Joint Berlin MX-Laboratory zusammen mit der FU-Berlin, der HU, dem MDC und dem FMP betrieben wird. Mit dem intensiven Röntgenlicht der Beamline können Proteinkristalle mit höchster Auflösung vermessen werden. Untersuchungsobjekt war ein grün fluoreszierendes Protein mit dem Namen „Dreiklang“. Der Proteinkristall wurde zunächst bei Raumtemperatur aus dem fluoreszierenden in den nicht-fluoreszierenden Zustand überführt – der Schalter also auf „Aus“ gestellt. Anschließend vermaßen die Wissenschaftler den Kristall im tiefgefrorenen Zustand bei etwa minus 170 Grad Celsius an der BESSY-Beamline.

„Normalerweise geht ein Proteinkristall kaputt, wenn man es nach der Vermessung wieder auf Raumtemperatur erwärmt“, beschreibt Dr. Uwe Müller, HZB-Arbeitsgruppenleiter „Makromolekulare Kristallographie“ das Besondere der Untersuchungen: „In diesem Fall ist es aber gelungen, das Protein funktionsfähig zu halten.“ So war es möglich, den Proteinkristall bei 30 Grad Celsius in den fluoreszierenden Zustand zu bringen, anschließend erneut einzufrieren und ein zweites Mal an der Beamline zu vermessen. Bei der anschließenden Analyse der Daten stellte das Forscherteam fest, dass sich die Struktur des Proteins im ein- beziehungsweise ausgeschalteten Zustand durch die Zahl der eingelagerten Wassermoleküle unterscheidet.

„Mit der Untersuchung des Dreiklang-Moleküls haben wir am BESSY Neuland betreten“, sagt Uwe Müller. Es handele sich dabei um ein designtes Protein, dass es in dieser Form in der Natur nicht gebe. Müller: „Mit der MX-Beamline lassen sich also nicht nur natürliche Proteine, sondern auch völlig neue Materialien untersuchen. Wir sind mit unserer Arbeit noch ein Stück weiter in den Kernbereich der HZB-Forschung `Funktionale Materialien´ gerückt“, so Müller.

HS

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Energie von Ladungsträgerpaaren in Kuprat-Verbindungen
    Science Highlight
    05.11.2025
    Energie von Ladungsträgerpaaren in Kuprat-Verbindungen
    Noch immer ist die Hochtemperatursupraleitung nicht vollständig verstanden. Nun hat ein internationales Forschungsteam an BESSY II die Energie von Ladungsträgerpaaren in undotiertem La₂CuO₄ vermessen. Die Messungen zeigten, dass die Wechselwirkungsenergien in den potenziell supraleitenden Kupferoxid-Schichten deutlich geringer sind als in den isolierenden Lanthanoxid-Schichten. Die Ergebnisse tragen zum besseren Verständnis der Hochtemperatur-Supraleitung bei und könnten auch für die Erforschung anderer funktionaler Materialien relevant sein.
  • Elektrokatalyse mit doppeltem Nutzen – ein Überblick
    Science Highlight
    31.10.2025
    Elektrokatalyse mit doppeltem Nutzen – ein Überblick
    Hybride Elektrokatalysatoren können beispielsweise gleichzeitig grünen Wasserstoff und wertvolle organische Verbindungen produzieren. Dies verspricht wirtschaftlich rentable Anwendungen. Die komplexen katalytischen Reaktionen, die bei der Herstellung organischer Verbindungen ablaufen, sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Moderne Röntgenmethoden an Synchrotronquellen wie BESSY II ermöglichen es, Katalysatormaterialien und die an ihren Oberflächen ablaufenden Reaktionen in Echtzeit, in situ und unter realen Betriebsbedingungen zu analysieren. Dies liefert Erkenntnisse, die für eine gezielte Optimierung genutzt werden können. Ein Team hat nun in Nature Reviews Chemistry einen Überblick über den aktuellen Wissensstand veröffentlicht.
  • BESSY II: Phosphorketten – ein 1D-Material mit 1D elektronischen Eigenschaften
    Science Highlight
    21.10.2025
    BESSY II: Phosphorketten – ein 1D-Material mit 1D elektronischen Eigenschaften
    Erstmals ist es einem Team an BESSY II gelungen, experimentell eindimensionale elektronische Eigenschaften in Phosphor nachzuweisen. Die Proben bestanden aus kurzen Ketten aus Phosphoratomen, die sich auf einem Silbersubstrat selbst organisiert in bestimmten Winkeln bilden. Durch eine raffinierte Auswertung gelang es, die Beiträge von unterschiedlich ausgerichteten Ketten voneinander zu trennen und zu zeigen, dass die elektronischen Eigenschaften tatsächlich einen eindimensionalen Charakter besitzen. Berechnungen zeigten darüber hinaus, dass ein spannender Phasenübergang zu erwarten ist. Während das Material aus einzelnen Ketten halbleitend ist, wäre eine sehr dichte Kettenstruktur metallisch.