Daten am Ende des Tunnels

Geordnete Spins verbessern Computer-Arbeitsspeicher

Forscher vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und der  französischen Grundlagenforschungsorganisation CNRS, südlich von Paris, steuern erstmals mit elektrischen Feldern eine als „Spin“ bezeichnete Eigenschaft von Elektronen so, dass damit Daten dauerhaft gespeichert werden können. Das Prinzip könnte nicht nur die Arbeitsspeicher in Computern revolutionieren, sondern auch andere elektronische Bauteile verbessern.

Neuartige Arbeitsspeicher nutzen den so genannten „magnetischen Tunnelwiderstand“ TMR (Tunnel Magneto Resistance). Dabei werden zwei dünne Magnetschichten durch einen nur einen Millionstel Millimeter dicken Isolator voneinander getrennt. Obwohl der Isolator eigentlich keine Elektronen durchlässt, können einige der Ladungsträger trotzdem wie durch einen Tunnel auf die andere Seite schlüpfen. Möglich ist dies aufgrund eines Quanteneffekts. Alle Elektronen haben einen Eigendrehimpuls, was Physiker als Spin bezeichnen. Der Spin kann entweder den Zustand „up“ oder „down“ annehmen. Enthalten beide Magnetschichten eines TMR überwiegend Spins der gleichen Orientierung, tunneln die Elektronen viel leichter als wenn eine Magnetschicht vor allem „up“-Spins und die andere überwiegend „down“-Spins enthält.

Mit solch einem Bauelement, in dem beide Magnetschichten Elektronen mit gleichem Spin haben, kann man einen Speicher herstellen, der ähnlich wie ein herkömmlicher Arbeitsspeicher rasch und oft mit Daten neu beschrieben werden kann.

Derartige auch als MRAM bezeichnete Arbeitsspeicher benötigen zum Schreiben der Daten aber relativ starke Magnetfelder und daher auch viel Energie. Das könnte sich mit der Grundlagenforschung ändern, die CNRS-Forscher Vincent Garcia und Manuel Bibes jetzt im Wissenschaftsmagazin Science vorstellen: Sie haben den Isolator aus einer Bariumtitanat genannten Verbindung hergestellt. HZB-Forscher Sergio Valencia und Florian Kronast haben die chemische Zusammensetzung der beteiligten Magnetschichten mithilfe der „Röntgenabsorptionsspektroskopie“ untersucht.

Mit einem elektrischen Feld können die Wissenschaftler diesen Isolator so schalten, dass er die Spins der Elektronen in den angrenzenden magnetischen Schichten und damit auch das Tunneln beeinflusst. Da die Schaltung im Isolator auch ohne Strom erhalten bleibt, könnte man nach diesem Vorbild zum Beispiel Arbeitsspeicher für PCs bauen, die wenig Energie verbrauchen und trotzdem die Daten dauerhaft speichern.

Artikel in Science, DOI: 10.1126/science.1184028

Ferroelectric control of spin polarization: V. Garcia, M. Bibes, L. Bocher, S. Valencia, F. Kronast, A. Crassous, X. Moya, S. Enouz-Vedrenne, A. Gloter, D. Imhoff, C. Deranlot, N. D. Mathur, S. Fusil, K. Bouzehouane and A. Barthélémy

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
    Science Highlight
    21.12.2024
    Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
    An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser eignet sich ein Molekül als molekularer Nanomagnet. Solche Nanomagnete besitzen eine Vielzahl von potenziellen Anwendungen, z. B. als energieeffiziente Datenspeicher. An der Studie waren Forschende aus dem Max-Planck-Institut für Kohlenforschung (MPI KOFO), dem Joint Lab EPR4Energy des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) und dem Helmholtz-Zentrums Berlin beteiligt.
  • Wechselströme für alternatives Rechnen mit Magneten
    Science Highlight
    26.09.2024
    Wechselströme für alternatives Rechnen mit Magneten
    Eine neue Studie der Universität Wien, des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart und der Helmholtz-Zentren in Berlin und Dresden stellt einen wichtigen Schritt dar, Computerbauelemente weiter zu miniaturisieren und energieeffizienter zu machen. Die in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichte Arbeit zeigt neue Möglichkeiten, reprogrammierbare magnetische Schaltungen zu schaffen, indem Spinwellen durch Wechselströme angeregt und bei Bedarf umgelenkt werden. Die Experimente dafür wurden an der Maxymus-Beamline an BESSY II durchgeführt.
  • BESSY II: Heterostrukturen für die Spintronik
    Science Highlight
    20.09.2024
    BESSY II: Heterostrukturen für die Spintronik
    Spintronische Bauelemente arbeiten mit magnetischen Strukturen, die durch quantenphysikalische Wechselwirkungen hervorgerufen werden. Nun hat eine Spanisch-Deutsche Kooperation Heterostrukturen aus Graphen-Kobalt-Iridium an BESSY II untersucht. Die Ergebnisse belegen, wie sich in diesen Heterostrukturen zwei erwünschte quantenphysikalische Effekte gegenseitig verstärken. Dies könnte zu neuen spintronischen Bauelementen aus solchen Heterostrukturen führen.