Warum Dünnschichtsolarzellen aus Silizium altern

Pressemitteilung

 

Warum Dünnschichtsolarzellen aus Silizium altern

Supraleiter unter Druck gesetzt und damit Geheimnisse entlockt

 

 Forschungsministerium bewilligt Millioneninvestition, um dieser Frage nachzugehen

Es ist sei langem bekannt - doch keiner weiß, warum Silizium altert und die Stromausbeute dünner, amorpher Siliziumschichten in den ersten tausend Betriebsstunden stetig sinkt. Im Verbundprojekt EPR-Solar haben sich deshalb Wissenschaftler aus fünf Instituten zusammengeschlossen, um diesem Geheimnis mithilfe der EPR-Spektroskopie (siehe unten) auf die Spur zu kommen. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) fördert das Projekt seit Anfang letzten Jahres und hat nun zirka 1,6 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Mit diesen Mitteln wollen HZB-Wissenschaftler um Klaus Lips und Alexander Schnegg ein spezielles Hochfeld-Spektrometer finanzieren. Sie werden damit das erste Labor weltweit sein, das mit einem solchen Messgerät der neuesten Generation ausgestattet ist.

„Das ist großartig. Mit diesem Gerät werden wir Einzelheiten über die innere Struktur des Siliziummaterials erfahren, die uns bislang nicht zugänglich sind“, freut sich Klaus Lips, der Koordinator des EPR-Solar-Projekts. Neben dem HZB sind an dem Netzwerkprojekt beteiligt: das Forschungszentrum Jülich, die Freie Universität Berlin, das Max-Planck-Institut für Eisenforschung und die TU München.  

Das Erfolgsrezept der Solarzelle ist ihre Fähigkeit, Sonnenlicht direkt in elektrischen Strom umzuwandeln. Das funktioniert, weil im Inneren des Materials Ladungsträger erzeugt werden, die ihre Energie durch das Sonnenlicht erhalten und sich dann wie kleine Fahrzeuge durch die Solarzelle bewegen, bis sie in einen Stromkreis eingespeist werden. Allerdings verschwinden in den heutigen Solarzellen einige Ladungen unterwegs, sodass der Wirkungsgrad und somit der Gebrauchswert der Solarzelle sinkt. Für die Solarindustrie ist dies ein echtes Problem, das unbedingt gelöst werden muss – gerade weil die Produktionskapazität für Silizium-Dünnschichtzellen derzeit stetig erhöht wird. Ursache für das Verschwinden der Ladungsträger sind Materialfehler in der Halbleiterstruktur. Um diese erkennen und vermeiden zu können, müssen die Forscher die innere Struktur der Solarzelle mit einer Genauigkeit von weniger als einem Millionstel Millimeter vermessen.

Bei der EPR-Spektroskopie (EPR steht für Elektronenparamagnetische Resonanz) nutzen sie dazu eine besondere quantenmechanische Eigenschaft geladener Teilchen, ihren Eigendrehimpuls (Spin). Wird der Spin einem Magnetfeld ausgesetzt, verhält er sich wie eine mikroskopische Kompassnadel und richtet sich parallel zu dem Magnetfeld aus. Nun wird die Probe mit Mikrowellen bestrahlt. Bei ganz bestimmten Magnetfeldern tritt ein Resonanzeffekt ein, bei dem sich die Kompassnadeln um 180 Grad drehen (Spinflip). Die dafür aufgewendete Energie lässt sich messen und gibt Auskunft über die unmittelbare Umgebung der Elektronen. Am Computer zusammengesetzt, ergeben sich aus diesen Information detaillierte Strukturkarten der Solarzelle einschließlich der Materialfehler. In der Regel gilt: je höher das angelegte Magnetfeld und je höher die Frequenz der verwendeten Strahlung, umso genauer werden die gewonnenen Strukturinformationen. Allerdings steigt der Preis eines Spektrometers ebenfalls drastisch an, je höher die Magnetfelder werden. Und nicht nur das. Auch der Bau solcher Geräte mit der entsprechenden Genauigkeit ist eine technische Herausforderung.

Den Rekord für ein kommerziell erhältliches EPR-Spektrometer hält ein kürzlich entwickeltes Gerät der in Karlsruhe ansässigen Firma Bruker BIOSpin, dessen Magnetfeld mit einer Stärke von 12 Tesla etwa 30 mal höher ist als bei herkömmlichen Spektrometern. Eine weitere Besonderheit des Geräts ist die verwendete Strahlungsquelle, denn die Proben können mit Frequenzen zwischen Mikrowellen- und Infrarotlicht bestrahlt werden.

Aufbauend auf den bisherigen Erfolgen von EPR-Solar und ihren wissenschaftlichen Vorarbeiten konnten die HZB-Wissenschaftler das BMBF überzeugen, das Berliner Institut mit diesem Gerät auszustatten und hier den Netzwerkpartnern zur Verfügung zu stellen. Erst kürzlich haben Schnegg und seine Kollegen einen speziellen Messplatz am Synchrotronspeicherring BESSY II aufgebaut, wo EPR-Messungen bei unterschiedlichen Frequenzen im Terahertz-Bereich durchgeführt werden können.

Das neue Bruker-Gerät liefert hochfrequente Strahlung bei 263 Gigahertz (0,263 Terahertz). Damit können EPR-Spektren in diesem Frequenzbereich mit höchster Genauigkeit aufgenommen werden. Somit liefert das BESSY-Gerät den breiten Überblick, während das neue Spektrometer einzelne Details der Energielandschaft hochaufgelöst darstellen kann. „Durch die unerreichten Eigenschaften des neuen Geräts und die Kombination mit dem Terahertz-Messplatz bei BESSY II wird das HZB seine Führungsposition bei der Entwicklung modernster EPR-Methoden für die Solarzellenforschung weiter ausbauen“, so Alexander Schnegg.

IH

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Zwei Humboldt-Fellows am HZB
    Nachricht
    09.12.2024
    Zwei Humboldt-Fellows am HZB
    Zwei junge Wissenschaftler sind zurzeit als Humboldt-Postdoktoranden am HZB tätig. Kazuki Morita bringt seine Expertise in Modellierung und Datenanalyse in die Solarenergieforschung im Team von Prof. Antonio Abate ein. Qingping Wu ist Experte für Batterieforschung und arbeitet mit Prof. Yan Lu zusammen an Lithium-Metall-Batterien mit hoher Energiedichte.

  • Weniger ist mehr: Warum ein sparsamer Iridium-Katalysator so gut funktioniert
    Science Highlight
    05.12.2024
    Weniger ist mehr: Warum ein sparsamer Iridium-Katalysator so gut funktioniert
    Für die Produktion von Wasserstoff mit Elektrolyse werden Iridiumbasierte Katalysatoren benötigt. Nun zeigt ein Team am HZB und an der Lichtquelle ALBA, dass die neu entwickelten P2X-Katalysatoren, die mit nur einem Viertel des Iridiums auskommen, ebenso effizient und langzeitstabil sind wie die besten kommerziellen Katalysatoren. Messungen an BESSY II haben nun ans Licht gebracht, wie die besondere chemische Umgebung im P2X-Kat während der Elektrolyse die Wasserspaltung befördert.
  • Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Science Highlight
    18.11.2024
    Batterieforschung mit dem HZB-Röntgenmikroskop
    Um die Kapazität von Lithiumbatterien weiter zu steigern, werden neue Kathodenmaterialien entwickelt. Mehrschichtige lithiumreiche Übergangsmetalloxide (LRTMO) ermöglichen eine besonders hohe Energiedichte. Mit jedem Ladezyklus wird jedoch ihre Kapazität geringer, was mit strukturellen und chemischen Veränderungen zusammenhängt. Mit Röntgenuntersuchungen an BESSY II hat nun ein Team aus chinesischen Forschungseinrichtungen diese Veränderungen erstmals experimentell mit höchster Präzision vermessen: Mit dem einzigartigen Röntgenmikroskop konnten sie morphologische und strukturelle Entwicklungen auf der Nanometerskala beobachten und dabei auch chemische Veränderungen aufklären.