Grüner Wasserstoff: 'Künstliches Blatt' wird unter Druck besser

Die Effizienz einer PEC-Zelle hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Größe der Gasblasen.

Die Effizienz einer PEC-Zelle hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Größe der Gasblasen. © Feng Liang /HZB

Die kombinierten Energieverluste wurden bis zu einem Druck von 20 bar des PEC-erzeugten Wasserstoffs ausgewertet. Die Effizienzverluste sind bei einem Druck von 6-8 bar am geringsten, insbesondere die optischen und thermodynamischen Verluste. Zu diesem Ergebnis kam das Team durch die Kombination von experimentellen Daten mit einem physikalischen Modell.

Die kombinierten Energieverluste wurden bis zu einem Druck von 20 bar des PEC-erzeugten Wasserstoffs ausgewertet. Die Effizienzverluste sind bei einem Druck von 6-8 bar am geringsten, insbesondere die optischen und thermodynamischen Verluste. Zu diesem Ergebnis kam das Team durch die Kombination von experimentellen Daten mit einem physikalischen Modell. © HZB/Nature Communications 2024

Wasserstoff kann in speziellen Anlagen über die elektrolytische Aufspaltung von Wasser erzeugt werden. Dabei ist eine Option die Verwendung von Photoelektroden, die Sonnenlicht in Spannung für die Elektrolyse umwandeln. Nun zeigt ein Forschungsteam am HZB, dass die Effizienz solcher photoelektrochemischen Zellen (PEC-Zellen) unter Druck noch deutlich steigen kann.

 

Manche bezeichnen photoelektrochemische Zellen (PEC-Zellen) auch als „künstliches Blatt“ – denn ähnlich wie bei der Photosynthese in grünen Blättern und Algen, wo ein komplexes Molekül (Photosystem II) das Sonnenlicht nutzt, um Wasser aufzuspalten, erfüllen in PEC-Zellen anorganische, eigens entwickelte Photoelektroden diese Aufgabe.

Verluste identifizieren und minimieren

PEC-Zellen sind inzwischen beeindruckend effizient: Die leistungsstärksten PEC-Zellen erreichen bereits Wirkungsgrade von bis zu 19 Prozent. Bei solch hohen Wirkungsgraden spielen die Verluste durch Blasenbildung eine wichtige Rolle: Blasen streuen das Licht und verhindern eine optimale Ausleuchtung der Elektrode. Außerdem können Blasen den Kontakt des Elektrolyten mit der Elektrodenoberfläche verhindern und so zu einer elektrochemischen Deaktivierung führen. Um diese Verluste zu minimieren, wäre es hilfreich, die Blasengröße zu verringern, indem die Anlage bei höherem Druck betrieben wird. Bislang wurden jedoch alle PEC-Anlagen bei atmosphärischem Druck (1 bar) betrieben.

PEC-Zellen unter Druck

Ein Team des Instituts für Solare Brennstoffe am HZB hat nun die Wasserspaltung bei erhöhtem Druck unter PEC-relevanten Bedingungen untersucht. Sie setzten PEC-Durchflusszellen auf einen Druck zwischen 1 und 10 bar und zeichneten verschiedene Parameter während der Elektrolyse auf.

Zusätzlich entwickelten sie ein multiphysikalisches Modell des PEC-Prozesses und glichen es mit den experimentellen Daten bei normalem und erhöhtem Druck ab. Dieses Modell ermöglicht es nun, mit den Parametern zu spielen und die entscheidenden Hebel zu identifizieren. „Wir haben zum Beispiel untersucht, wie sich der Betriebsdruck auf die Größe der Gasblasen und ihr Verhalten an den Elektroden auswirkt“, sagt Dr. Feng Liang, Erstautor der Arbeit, die nun in Nature Communications erschienen ist.

Energieverluste lassen sich halbieren

Die Analyse zeigt, dass eine Erhöhung des Betriebsdrucks auf 8 bar den Gesamtenergieverlust halbiert. Dies könnte den Gesamtwirkungsgrad deutlich steigern. „Die optischen Streuverluste können bei diesem Druck fast vollständig vermieden werden“, erklärt Liang. „Wir konnten auch eine deutliche Verringerung der Produktübergänge feststellen, insbesondere des Sauerstofftransfers auf die Gegenelektrode“.

Optimaler Betriebsdruck

Bei höheren Drücken gibt es jedoch keinen Vorteil, so dass das Team 6-8 bar als optimalen Betriebsdruckbereich für PEC-Elektrolyseure vorschlägt. „Diese Erkenntnisse, insbesondere das Multiphysik-Modell, lassen sich auf andere Systeme übertragen und werden uns helfen, die Effizienz von elektrochemischen und photokatalytischen Anlagen zu erhöhen“, sagt Prof. Dr. Roel van de Krol, der das Institut für Solare Brennstoffe am HZB leitet.

Hinweis: Die Arbeiten wurden durch das Helmholtz-Innopool-Projekt „Solar H2: Highly Pure and Compressed“ gefördert. Die Autoren bedanken sich herzlich bei Christian Höhn, Markus Bürger, Lars Drescher und Torsten Wagner für ihre unermüdlichen Beiträge zum Bau dieser Hochdruck-Durchflusszelle.

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • Grüner Wasserstoff mit direkter Meerwasser-Elektrolyse – Expert*innen warnen vor einem Hype
    Nachricht
    29.07.2024
    Grüner Wasserstoff mit direkter Meerwasser-Elektrolyse – Expert*innen warnen vor einem Hype
    Der Plan klingt bestechend: Neuartige Elektrolyseure sollen aus ungereinigtem Meerwasser mit Strom aus Sonne oder Wind direkt Wasserstoff erzeugen. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass solche DSE-Elektrolyseure (DSE = Direct Seawater Electrolyzers) noch Jahre anspruchsvoller Forschung erfordern. Dabei sind neuartige Elektrolyseure gar nicht nötig, um Meerwasser für die Produktion von Wasserstoff zu verwenden – eine Entsalzung reicht aus, um Meerwasser für konventionelle Elektrolyseure aufzubereiten. In einem Kommentar im Fachjournal Joule vergleichen internationale Expert*innen Kosten und Nutzen der unterschiedlichen Ansätze und kommen zu einer klaren Empfehlung.

     

  • Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren
    Science Highlight
    17.07.2024
    Neue Option, um Eigenschaften von Seltenerd-Elementen zu kontrollieren
    Die besonderen Eigenschaften von magnetischen Materialien aus der Gruppe der Seltenen Erden gehen auf Elektronen in der 4f-Schale zurück. Bislang galten die magnetischen Eigenschaften der 4f-Elektronen als kaum kontrollierbar. Nun hat ein Team von HZB, der Freien Universität Berlin und weiteren Einrichtungen erstmals gezeigt, dass durch Laserpulse 4f-Elektronen beeinflusst – und damit deren magnetische Eigenschaften verändert werden können. Die Entdeckung, die durch Experimente am EuXFEL und FLASH gelang, weist einen neuen Weg zu Datenspeichern mit Seltenen Erden.
  • BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Science Highlight
    09.07.2024
    BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen
    Feststoffbatterien können mehr Energie speichern und sind sicherer als Batterien mit flüssigen Elektrolyten. Allerdings halten sie nicht so lange und ihre Kapazität nimmt mit jedem Ladezyklus ab. Doch das muss nicht so bleiben: Forscherinnen und Forscher sind den Ursachen bereits auf der Spur. In der Fachzeitschrift ACS Energy Letters stellt ein Team des HZB und der Justus-Liebig-Universität Gießen eine neue Methode vor, um elektrochemische Reaktionen während des Betriebs einer Feststoffbatterie mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II genau zu verfolgen. Die Ergebnisse helfen, Batteriematerialien und -design zu verbessern.