Diamantmaterialien als solarbetriebene Elektroden – Spektroskopie zeigt, worauf es ankommt

Hier sind vier Diamantmaterialien zu sehen: "Diamantschwarz" aus polykristallinem nanostrukturierten Kohlenstoff (oben rechts), das gleiche Material vor der Nanostrukturierung (oben links), ein Einkristall (unten links) und ein mit Bor dotierter Einkristall (unten rechts).

Hier sind vier Diamantmaterialien zu sehen: "Diamantschwarz" aus polykristallinem nanostrukturierten Kohlenstoff (oben rechts), das gleiche Material vor der Nanostrukturierung (oben links), ein Einkristall (unten links) und ein mit Bor dotierter Einkristall (unten rechts). © A. Chemin/HZB

Es klingt wie Magie: Photoelektroden, die das Treibhausgas CO₂ in Methanol umwandeln oder Stickstoffmoleküle in wertvollen Dünger – und zwar allein mit der Energie des Sonnenlichts. Dass Diamantmaterialien sich dafür eignen, zeigt nun eine Studie aus dem HZB. Durch die Kombination von Röntgen-Spektroskopieverfahren an BESSY II mit weiteren Messmethoden gelang es dem Team um Tristan Petit, erstmals genau zu verfolgen, welche Prozesse an der Oberfläche dieser Materialien durch Licht angeregt werden und worauf es dabei ankommt.

Im Labor produzierte Diamantmaterialien haben auf den ersten Blick wenig mit ihren Namensvettern aus dem Juwelierladen gemeinsam. Sie sind undurchsichtig, dunkel und sehen nach gar nichts Besonderem aus. Aber das täuscht, denn Diamantmaterialien besitzen sehr besondere Eigenschaften, die sie für eine breite Palette an Anwendungen interessant machen: zum Beispiel in Gehirnimplantaten, Quantensensoren und -computern, und als metallfreie Photoelektroden in einer Elektrolysezelle zur Umwandlung von Energie. Diamantmaterialien bestehen aus Kohlenstoff, können industriell und nachhaltig produziert werden, und altern kaum im Gegensatz zu metallbasierten Photoelektroden.

Diamantmaterialien kommen als metallfreie Photoelektroden in Frage, weil sie bei Anregung durch Licht Elektronen in Wasser freisetzen und so chemische Reaktionen ermöglichen, die sonst nur schwer in Gang zu setzen sind. Ein konkretes Beispiel ist die Reduktion von CO2 zu Methanol: Dabei entsteht aus dem Treibhausgas CO2 ein wertvoller Brennstoff. Ebenfalls spannend wäre es, mit Hilfe von Diamantmaterialien Stickstoff in Stickstoff-Dünger NH3 umzuwandeln, wofür dann deutlich weniger Energie als beim Haber-Bosch-Verfahren benötigt würde.

Allerdings oxidieren Diamantmaterialien in Wasser und oxidierte Oberflächen, so nahm man an, geben keine Elektronen mehr ins Wasser ab. Zudem liegen die Bandlücken von Diamant im UV-Bereich (bei 5,5 eV), so dass sichtbares Licht nicht ausreichen sollte, um Elektronen von der Oberfläche anzuregen. Entgegen dieser Erwartung wurde jedoch vor kurzem eine rätselhafte Emission von Elektronen bei der Anregung durch sichtbares Licht beobachtet. Eine Studie aus der Arbeitsgruppe von Dr. Tristan Petit am HZB bringt nun neue Erkenntnisse und gibt Anlass zu Optimismus.

Dr. Arsène Chemin, Postdoc im Team von Petit, untersuchte Proben von Diamantmaterialien, die am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik in Freiburg hergestellt wurden. Die Proben waren daraufhin optimiert, die CO2-Reduktionsreaktion zu erleichtern: Um eine gute elektrische Leitfähigkeit zu gewährleisten, waren sie mit Bor dotiert, eine Nanostrukturierung sorgte für eine große Oberfläche, was die Emission von Ladungsträgern erhöht.

Chemin setzte vier röntgenspektroskopische Methoden bei BESSY II ein, um die Oberfläche der Probe und die Energie zu charakterisieren, die zur Anregung bestimmter elektronischer Oberflächenzustände erforderlich ist. Anschließend nutzte er die in einem Speziallabor am HZB gemessene Oberflächen-Photospannung, um zu bestimmen, welche dieser Zustände angeregt werden und wie sich die Ladungsträger in den Proben verschieben. Ergänzend dazu hat er die Photoemission von Elektronen an Proben in Luft oder in Flüssigkeit gemessen. Durch die Kombination dieser Ergebnisse konnte er erstmals ein umfassendes Bild der Prozesse zeichnen, die nach der Anregung durch Licht an den Oberflächen der Proben ablaufen.

„Überraschenderweise fanden wir fast keinen Unterschied in der Photoemission von Ladungen in Flüssigkeit, unabhängig davon, ob die Proben oxidiert waren oder nicht“, sagt Chemin. Dies zeigt, dass Diamantmaterialien gut für den Einsatz in wässrigen Lösungen geeignet sind. Auch die Anregung mit sichtbarem Licht ist möglich: Im Falle der mit Bor dotierten Proben reicht violettes Licht (3,5 eV) aus, um die Elektronen anzuregen.

„Diese Ergebnisse stimmen uns sehr optimistisch“, sagt Chemin: „Mit den Diamantmaterialien haben wir eine neue Materialklasse, die weiter erforscht und breit eingesetzt werden kann.“ Darüber hinaus ist auch die Methodik dieser Studie interessant: Die Kombination dieser verschiedenen röntgenspektroskopischen Methoden könnte auch bei anderen photoaktiven Halbleitermaterialien zu neuen Durchbrüchen führen, hofft der Physiker.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Nanoinseln auf Silizium mit schaltbaren topologischen Texturen
    Science Highlight
    20.01.2025
    Nanoinseln auf Silizium mit schaltbaren topologischen Texturen
    Nanostrukturen mit spezifischen elektromagnetischen Texturen versprechen Anwendungsmöglichkeiten für die Nanoelektronik und zukünftige Informationstechnologien. Es ist jedoch sehr schwierig, solche Texturen zu kontrollieren. Nun hat ein Team am HZB eine bestimmte Klasse von Nanoinseln auf Silizium mit chiralen, wirbelnden polaren Texturen untersucht, die durch ein externes elektrisches Feld stabilisiert und sogar reversibel umgeschaltet werden können.
  • Lithium-Schwefel-Batterien im Taschenformat an BESSY II durchleuchtet
    Science Highlight
    08.01.2025
    Lithium-Schwefel-Batterien im Taschenformat an BESSY II durchleuchtet
    Neue Einblicke in Lithium-Schwefel-Pouchzellen hat ein Team aus HZB und dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden an der BAMline von BESSY II gewonnen. Ergänzt durch Analysen im Imaging Labor des HZB sowie weiteren Messungen ergibt sich ein neues und aufschlussreiches Bild von Prozessen, die Leistung und Lebensdauer dieses industrierelevanten Batterietyps begrenzen. Die Studie ist im renommierten Fachjournal "Advanced Energy Materials" publiziert.

  • Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
    Science Highlight
    21.12.2024
    Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
    An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser eignet sich ein Molekül als molekularer Nanomagnet. Solche Nanomagnete besitzen eine Vielzahl von potenziellen Anwendungen, z. B. als energieeffiziente Datenspeicher. An der Studie waren Forschende aus dem Max-Planck-Institut für Kohlenforschung (MPI KOFO), dem Joint Lab EPR4Energy des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) und dem Helmholtz-Zentrums Berlin beteiligt.