Mit der dritthöchsten Oxidationsstufe springt Rhodium aufs Siegertreppchen
Oxidationsstufen von Übergangsmetallen beschreiben, wie viele Elektronen eines Elements bereits an Bindungen beteiligt sind und wie viele noch für weitere Reaktionen zur Verfügung stehen. Teams aus Berlin und Freiburg haben nun die höchste Oxidationsstufe von Rhodium entdeckt. Dies deutet darauf hin, dass Rhodium mehr Valenzelektronen in chemische Bindungen einbringen kann, als bisher angenommen. Diese Erkenntnis könnte für das Verständnis von katalytischen Reaktionen mit Beteiligung von Rhodium von Bedeutung sein. Das Ergebnis wurde von der Zeitschrift Angewandte Chemie als "Very Important Paper" eingestuft.
Übergangsmetalle in hohen oder ungewöhnlichen Oxidationsstufen könnten eine wichtige Rolle als Katalysatoren oder reaktive Zwischenstufen in chemischen Reaktionen spielen. Doch in den meisten Fällen sind Übergangsmetalle bereits gut charakterisiert. Dass es nun der Doktorandin Mayara da Silva Santos und ihrem Team dennoch gelang, mit Rhodium(VII) eine neue Oxidationsstufe zu entdecken, ist daher eine echte Überraschung. Sie mussten dafür zunächst gasförmige Rhodiumoxide herstellen und in einer Tieftemperatur-Ionenfalle von möglichen Reaktanten isolieren.
BESSY II war entscheidend für diese Entdeckung
Diese Art von Experimenten ist sehr anspruchsvoll und kann derzeit nur bei BESSY II durchgeführt werden. "Die Kombination aus hochspezialisierter Probenherstellung, Tieftemperatur-Ionenfalle und Röntgenspektroskopie ist einzigartig. Da diese Methoden auch auf komplexere Systeme angewendet werden können, erwarten wir weitere Erkenntnisse über exotische Übergangsmetalloxide", sagt Vicente Zamudio-Bayer, Leiter der Ionenfallengruppe am Strahlrohr UE52-PGM, der das Ionenfallen-Experiment bei BESSY II entwickelt und betreibt. "Wichtig für uns war, dass unsere überraschenden experimentellen Ergebnisse von der Gruppe um Sebastian Riedel an der FU Berlin mit quantenchemischen Berechnungen untermauert werden konnten", erklärt Zamudio-Bayer. “Schon Rhodium in der Oxidationsstufe +6 ist sehr selten, also mussten wir bei der Charakterisierung von +7 sehr sorgfältig und genau sein. Denn neue Oxidationsstufen werden nicht häufig entdeckt”, sagt Mayara da Silva Santos.
Katalytische Relevanz eines potenziellen Reaktionszwischenprodukts
"Dies ist die dritthöchste bekannte Oxidationsstufe aller Elemente. Die Tatsache, dass Rhodium(VII) existiert, bisher aber unbekannt war, könnte bedeuten, dass es bei der Analyse chemischer Reaktionspfade möglicherweise übersehen wurde", erklärt Zamudio-Bayer.
Mögliche Stabilisierung für weitere Verwendung
Die Entdeckung von Rhodium(VII) erfolgte in der Gasphase, aber eine Stabilisierung des Trioxidorhodium-Kations durch schwach koordinierende Anionen scheint beim Vergleich mit anderen bekannten Verbidnungen möglich zu sein. Dies könnte Perspektiven für eine weitere Charakterisierung oder Anwendung eröffnen. "Unser Rhodium(VII) ist sehr reaktiv, aber das Verständnis dieser scheinbar exotischen Spezies könnte in Zukunft zu besseren Materialien führen", sagt Mayara da Silva Santos.