Rückbau Forschungsreaktor BER II
Neutronenforschung am BER II
Beispiele aus der Forschung
2019: Ein neuer Zustand von Wasser: wie Eis, aber doch beweglich
Wasser ist bei Raumtemperatur flüssig. Doch eingeschlossen in die winzigen Kanäle einer Zeolith-Struktur fließt das Wasser deutlich zäher. Am Flugzeitspektrometer NEAT an der Neutronenquelle BER II wurde Wasser in Zeolith untersucht und dabei ein neuer Materiezustand entdeckt: In den Nanokanälen der Zeolith-Struktur ordnen sich die Wassermoleküle an wie im Eiskristall, bleiben aber dennoch beweglich wie in einer Flüssigkeit. Der Einschluss in Nanokanälen verstärkt kooperative Wechselwirkungen zwischen Wassermolekülen. Die Ergebnisse sind wichtig für das Design von Zeolith-Speichern, die als energiesparende Klimageräte zum Kühlen eingesetzt werden.
The Journal of Physical Chemistry Letters (2019): Doi: 10.1021/acs.jpclett.9b02303
2019: Batterien mit Siliziumanoden: Neutronen zeigen, wie Oberflächenstrukturen die Kapazität reduzieren
Theoretisch könnten Anoden aus Silizium zehnmal mehr Lithium-Ionen speichern als die Graphit-Anoden, die seit vielen Jahren in kommerziellen Lithium-Batterien eingesetzt werden. Doch bisher sinkt die Kapazität von Silizium-Anoden mit jedem weiteren Lade-Entladezyklen stark ab. Nun hat ein HZB-Team mit Neutronenexperimenten am BER II in Berlin und am Institut Laue-Langevin in Grenoble aufgeklärt, was an der Oberfläche der Siliziumanode während des Aufladens passiert und welche Prozesse die Kapazität reduzieren. Mit den Neutronenexperimenten beobachten sie, wie sich beim Aufladen an der Siliziumoberfläche eine blockierende Schicht bildet, die das Eindringen von Lithium-Ionen behindert. > zur News
Publikation: Energy Storage Materials (2019. Doi: 10.1016/j.ensm.2018.11.032
2018: Nutzerforschung am BER II: Neue Erkenntnisse zur Hochtemperatur-Supraleitung
Auch nach 30 Jahren Forschung bleiben viele Eigenschaften von Hochtemperatur-Supraleitern rätselhaft. So bildet sich in einigen Kuprat-Supraleitern eine magnetische “Streifen-Ordnung” aus. Ein dänisches Forscherteam hat diese Streifen mit Hilfe von Neutronen an den hochauflösenden Spektrometern FLEXX (HZB) und ThALES (ILL, Grenoble) genauer untersucht. Ihre Ergebnisse tragen dazu bei, das Phänomen der Hochtemperatur-Supraleitung weiter zu entschlüsseln. > zur News
Publikation: Phys. Rev. Letters (2018): Doi: 10.1103/PhysRevLett.120.037003
2018: Neutronenforschung hilft bei der Entwicklung von zerstörungsfreien Prüfverfahren
Materialermüdung zeigt sich häufig zuerst daran, dass im Innern des Materials Bereiche mit stark unterschiedlichen Eigenspannungen aneinandergrenzen. An der Neutronenquelle BER II am HZB hat ein Team der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) die Eigenspannungen von Schweißnähten aus ferromagnetischem Stahl analysiert. Die Ergebnisse helfen zerstörungsfreie elektromagnetische Prüfverfahren zu verbessern. > zur News
Publikation: Journal of Nondestructive Evaluation, 2018. Doi 10.1007/s10921-018-0522-0
2018: Solarzellen aus Kesteriten - Auf dem Weg zu höheren Wirkungsgraden
Kesterite sind Halbleiterverbindungen aus mehreren, reichlich verfügbaren Elementen. Sie lassen sich in Solarzellen nutzen, um Licht in elektrische Energie umzuwandeln. Ein Team am HZB hat nun Kesterit-Proben hergestellt und dabei die Zusammensetzung variiert. Durch Neutronenbeugung am BER II konnten sie ermitteln, wie sich dies auf Fehlstellen und damit die Wirkungsgrade der Solarzellen auswirkt. Weitere Untersuchungen zeigten, dass Germanium die optoelektronischen Eigenschaften des Materials verbessern kann. > zur News
Publikation: CrystEngComm (2018) DOI: 10. 1039/c7ce02090b
2018: Neutronen tasten Magnetfelder im Innern von Proben ab
Mit Hilfe einer neu entwickelten Neutronen-Tomographie-Methode hat ein HZB-Team erstmals den Verlauf von magnetischen Feldlinien im Innern von Materialien abbilden können. Die „Tensorielle Neutronen-Tomographie“ verspricht neue Einblicke in Supraleiter, Batterie-Elektroden und andere Energiematerialien. > zur News
Publikation: Nature Communications (2018): Doi: 10.1038/s41467-018-06593-4
2018: Historische Schwerter im Neutronenstrahl
Am BER II untersuchen Experten für Kulturgüter auch Rüstungen, Helme und Schwerter aus dem Mittelalter und analysieren dabei Schmiedetechnik und Materialkomposition. Mit einer Eigenspannungsanalyse lässt sich herausfinden, wie das Schwert geschmiedet wurde. Einen tiefen Einblick in das Material ermöglicht die Neutronentomographie und macht auch Prägestempel wieder sichtbar, die im Lauf der Jahrhunderte wegpoliert wurden. Dies erlaubt Aussagen über Herkunft und Echtheit der Schwerter. > zum Blogbeitrag
2017: Hochfeldmagnet am BER II: Einblick in eine versteckte Ordnung
Seit dreißig Jahren gibt eine bestimmte Uranverbindung der Forschung Rätsel auf. Obwohl die Kristallstruktur einfach ist, versteht niemand, was beim Abkühlen unter eine bestimmte Temperatur genau passiert. Offenbar entsteht eine so genannte „versteckte Ordnung“, deren Natur völlig unklar ist. Nun haben Physiker erstmals diese versteckte Ordnung näher charakterisiert und auf mikroskopischer Skala untersucht. Dazu nutzten sie den Hochfeldmagneten am HZB, der Neutronenexperimente unter extrem hohen magnetischen Feldern ermöglicht. > zur News
Publikation: Physical Review B (2017). Doi: 10.1103/PhysRevB.96.121117
2017: Lupinenwurzeln beim Trinken zugeschaut
Lupinen bilden nicht nur bunte Blüten aus, sondern auch nahrhafte, eiweißreiche Bohnen. Wie diese Pflanzen mit ihren Wurzeln im Boden Wasser ziehen, hat nun ein Team der Universität Potsdam an der Berliner Neutronenquelle BER II erstmals in 3D beobachtet. Dafür verbesserten sie zusammen mit der HZB-Bildgebungsgruppe die Zeitauflösung der Neutronentomographie gleich um mehr als das Hundertfache: Alle zehn Sekunden erstellten sie eine detaillierte 3D-Aufnahme. Diese ultraschnelle Neutronentomographie ist auch für die Analyse dynamischer Prozesse in porösen Materialien generell geeignet. > zur News
Publikation: Scientific Reports (2017). Doi:10.1038/s41598-017-06046-w
Zeitaufgelöste Tomographie einer Lupinenwurzel (gelbgrün), nachdem deuteriertes Wasser (D2O) von unten zugegeben wurde. Der Zeitverlauf zeigt die aufsteigende Wasserfront (H2O, dunkelblau), die durch das D2O von unten verdrängt wird. Die komplette Abfolge ergibt ein Video. Urheber: Christian Tötzke © Universität Potsdam
2016: Energie speichern mit Silizium-Dünnschichten
Lithium-Ionen-Akkus könnten ihre Kapazität theoretisch vervielfachen, wenn ihre Anode statt aus Graphit aus Silizium bestünde. Ein HZB-Team hat erstmals mit Neutronenmessungen detailliert beobachtet, wie Lithium-Ionen in Silizium einwandern. Ihre Arbeit zeigt, dass schon extrem dünne Silizium-Schichten ausreichen, um eine maximale Beladung mit Lithium zu ermöglichen. Diese Erkenntnisse sind hilfreich für das Design von guten Silizium-Elektroden. > zur News
Publikation: ACSnano (2018). Doi: 10.1021/acsnano.6b02032
2016: Exotischer Materiezustand: "Flüssige" Quantenspins bei tiefsten Temperaturen beobachtet
Ein Team am HZB hat experimentell eine sogenannte Quanten-Spinflüssigkeit in einem Einkristall aus Kalzium-Chrom-Oxid nachgewiesen. Dabei handelt es sich um einen neuartigen Materiezustand. Das Besondere an dieser Entdeckung: Nach gängigen Vorstellungen war das Quantenphänomen in diesem Material gar nicht möglich. Nun liegt eine Erklärung vor. Die Arbeit erweitert das Verständnis von kondensierter Materie und könnte auch für die zukünftige Entwicklung von Quantencomputern von Bedeutung sein. > zur News
Publikation: Nature Physics (2016). Doi: http://dx.doi.org/10.1038/nphys3826
2015: Außergewöhnliche magnetische Struktur und Spindynamik im magnetoelektrischen Material LiFePO4 entdeckt
Ein HZB-Team hat die komplexe magnetische Struktur und die darauf basierende Spindynamik in der magnetoelektrischen Substanz LiFePO4 entschlüsselt. Materialien dieser Klasse werden bereits heute in der Sensorik eingesetzt und haben großes Anwendungspotential in der Datenspeicherung sowie der Spintronik. Mit Experimenten, die an der Neutronenquelle BER II des HZB durchgeführt wurden, identifizierten die Forscher in LiFePO4 einen neuen Zweig im magnetischen Anregungsspektrum und wiesen eine nicht-kollineare magnetische Struktur nach. > zur News
Publikation: Physical Review B (2015). Doi: 10.1103/PhysRevB.92.024404
2015: Kristallstruktur und Magnetismus – neuer Einblick in die Grundlagen der Festkörperphysik
Ein Team am HZB hat erstmals im Detail untersucht, wie sich in kristallinen Proben mit Spinellstruktur magnetische und geometrische Ordnungen gegenseitig beeinflussen. Die Gruppe hatte dazu eine Reihe von Mischkristallen mit der Summenformel Ni1-xCuxCr2O4 synthetisiert, in denen das Element Nickel sukzessive durch Kupfer ersetzt wurde. Mit Neutronenstreuexperimenten am BER II deckten sie auf, wie sich dadurch nicht nur die Kristallstruktur verändert, sondern auch neue magnetische Phasen auftreten. > zur News
Publikation: Physical Review B (2015). Doi: 10.1103/PhysRevB.91.024407
2015: Neutronen und Röntgen-CT zeigen, wie stabilere Zahnfüllungen gelingen
Es gibt nicht nur verschiedene Materialien für Zahnfüllungen, sondern auch unterschiedliche Methoden, um das Füllmaterial anzurühren. Welche Zubereitung zum besten Ergebnis führt, ist nicht leicht herauszufinden. Flüssigkeitsgefüllte Poren verringern die Stabilität der Füllung. Ein Team aus Kopenhagen untersuchte unterschiedlich angerührte Zahnfüllungen auf Basis eines Glasionomerzements mit Neutronentomographie und Röntgenaufnahmen am HZB. > zur News
Publikation: Scientific Reports (2015). Doi: 10.1038/srep08972
Die Neutronentomographie-Aufnahmen (linke Spalte) zeigen, wie sich Flüssigkeit in dieser Zahnfüllung verteilt, während die Röntgen-CT-Aufnahmen (rechte Spalte) Mikrostruktur und Poren der gleichen Probe abbilden. Die Analysen dieser Aufnahmen zeigen, bei welcher Zubereitungsweise sich am wenigsten Wasser in Poren einlagert.
2014: Was passiert in Stahl unter Belastung?
Rostfreier Stahl muss stellenweise höchsten Belastungen standhalten. Um abzuschätzen, wann das Material ermüden könnte, muss man wissen, wo Belastungen etwas im Gefüge verändern. Nun haben Teams am HZB eine neue Methode der Bildgebung mit Neutronen entwickelt, mit der sich die kristallinen Phasen und ihre Veränderung durch Belastung innerhalb der Probe mit hoher räumlicher Genauigkeit kartieren lassen. > zur News
Publikation: Advanced Materials (2014) Doi:10.1002/adma.201400192
2012: Was hält die Gelenke jung?
In Gelenken sind die Knochen mit Knorpel und einer Schicht aus Lipidmembranen ausgestattet und bewegen sich in einer flüssigkeitsgefüllten Kapsel gegeneinander. Dieses Phänomen der Gelenkschmierung sorgt für schmerzfreie Beweglichkeit. An der Neutronenquelle BER II am HZB haben Forscher diese Situation in einem Modellsystem mit synthetischen Lipidmembranen und synthetischer Gelenkschmiere untersucht. Anstelle von Wasserstoff wurde schwerer Wasserstoff, Deuterium, in die Gelenkschmiere eingebaut, der einen stärkeren Kontrast ergibt. Dabei konnten sie messen, wie sich die Abstände zwischen den einzelnen Lipidmembranen der „Knochen“-Beschichtung bei steigender Temperatur vergrößern und wie sich die Oberfläche des künstlichen Gelenks bei unterschiedlichen Drücken und Scherkräften verhält. Die Ergebnisse sind für die Medizin und die Entwicklung verträglicher Gelenkprothesen interessant.
Publikation: Biochimica et Biophysica Acta (BBA) (2012) Doi: 10.1016/j.bbamem.2012.05.022
Die Neutronentomografie zeigt, dass Lystrosaurus bereits über komplexe Nasennebenhöhlen verfügte. Nasennebenhöhlen bringen die Atemluft auf Körpertemperatur. Kaltblüter brauchen das nicht, Warmblüter dagegen schon. Anders als bisher vermutet, war Lystrosaurus wahrscheinlich ein warmblütiges Tier. Dies könnte ihm dabei geholfen haben, größere Temperaturschwankungen besser zu ertragen. Und vielleicht hat er auch deshalb das große Massenaussterben am Ende des Perm überlebt.
2011: Überraschender Einblick hinter die Schnauze eines Fossils
Wissenschaftler vom Naturkundemuseum Berlin haben am HZB einen versteinerten „Dinoschädel“ mit Neutronentomografie untersucht. Dabei konnten sie den Schädel im Gestein belassen, sie mussten ihn also nicht vorab herauspräparieren. Mit Neutronen durchleuchteten sie den Verbund und konnten so Schicht für Schicht ein dreidimensionales Bild rekonstruieren. Insbesondere konnten sie härtere und weichere Bestandteile im Schädel voneinander unterscheiden. So fanden die Forscher im Bereich der Schnauze noch Spuren von weichem Knorpelgewebe. Diese Gewebespuren wären durch eine mechanische Freilegung des Schädels sicher zerstört worden.
Publikation: Acta Zoologica 92, 363-371 (2011)
2010: Bildgebung mit Neutronen: Magnetische Domänen erstmals in 3-D sichtbar
Bisher konnten magnetische Domänen nur zweidimensional abgebildet werden. Einem Team am HZB ist es nun gelungen, diese Bereiche im Inneren von magnetischen Stoffen zum ersten Mal dreidimensional darzustellen. Sie nutzten dafür die Methode der Neutronentomographie. > zur News
Publikation: Nature communications (2010). Doi: 10.1038 /ncomms1125
2010: Den Goldenen Schnitt gibt es auch in der Quantenwelt
Am BER II konnten Wissenschaftler erstmals verborgene Symmetrieeigenschaften in fester Materie entdeckt. Die Kennzeichen, die den aus Kunst und Architektur bekannten Goldenen Schnitt ausmachen, haben die Forscher im atomaren Aufbau eines Kristalls aus Kobalt-Niobat gefunden. > zur News
Publikation: Science, (2010) Doi: RE1180085/JEC/PHYSICS
2009: Magnetische Monopole in magnetischem Festkörper entdeckt
2009 gelang am HZB eine sensationelle Entdeckung: Physiker haben erstmals nachgewiesen, dass sich unter sehr speziellen Bedingungen magnetische Monopole bilden können. Dabei sind Nordpol und Südpol voneinander weit getrennt, was normalerweise niemals vorkommt! Die exotische Beobachtung gelang bei Temperaturen fast am absoluten Nullpunkt in einem Dysprosium-Titanat-Kristall. Mit Hilfe der Neutronenstreuung konnten die HZB-Forscher zeigen, dass sich die magnetischen Momente im Inneren des Kristalls zu so genannten „Spin-Spaghetti“ anordnen, an deren Enden jeweils Nordpol und Südpol sitzen. Die Existenz solcher magnetischen Monopole wird durch die Quantenphysik vorausgesagt, konnte zuvor aber noch nie beobachtet werden. > zur News
Publikation: Science, Science Express (2009) Doi:10.1126/science.1178868
2008: Dreidimensionale Bildgebung - einmalige Einblicke in Magnetfelder
Wie Magnetfelder im Inneren von massiven, nicht transparenten Materialien aussehen, lässt sich nun experimentell ermitteln. Um die Abbildung zu gewinnen, wurde die Probe mit polarisierten Neutronen durchleuchtet und das Bild aus den Messdaten errechnet. > zur News
Publikation: Nature Physics (2008) Doi: 10.1038/nphys912
2007: Einblick in eine Brennstoffzelle:
Wie sich flüssiges Wasser im Inneren einer Brennstoffzelle verteilt, ist entscheidend für ihre Effizienz und Lebensdauer. Mit Neutronentomografie am BER II lassen sich Brennstoffzellen in operando analysieren, also während Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser reagieren. Dabei konnten Teams auch den Einfluss von Membranen und unterschiedlichen Elektroden untersuchen.
Quelle: Applied Physics Letters (2007) Doi:10.1063/1.2734171
2006: Wie wird Zement stabil?
Zement ist zunächst nach dem Anrühren mit Wasser weich und plastisch und härtet mit der Zeit zu einem sehr festen Material aus. Dabei sind Reaktionen und Wechselwirkungen mit den Wassermolekülen für die Qualität entscheidend. Mit quasielastischer Neutronenstreuung am BER II untersuchte ein Team eine Reihe unterschiedlicher Zementmischungen. Aufgrund der Messdaten konnten sie drei verschiedene Prozesse unterscheiden, die beim Aushärten eine Rolle spielen: Ein Teil der Wassermoleküle wird chemisch im Zement gebunden, ein weiterer Anteil physikalisch und ein dritter Anteil wird nicht gebunden, sondern verbleibt in Poren und Kapillaren im Zement.
Quelle: Journal of Physical Chemistry B (2006); Doi:10.1021/jp062922f
2006: Wie schnell trinkt die Tomate?
Mit Neutronen lässt sich sichtbar machen, wie rasch Wasser in einer Pflanze aufsteigen kann. Dies zeigten japanische Wissenschaftler an einem Tomatensetzling, den sie an der Neutronenquelle BER II am HZB untersucht haben. Dafür wurde die Pflanze mit so genanntem „schweren“ Wasser gegossen, das sich für Neutronen deutlich vom gewöhnlichen Wasser abhebt. Die Ergebnisse könnten helfen, landwirtschaftliche Erträge zu steigern. Gegenüber Röntgenstrahlen sind Neutronen vor allem dann im Vorteil, wenn es darum geht, leichte Elemente wie Wasserstoff zu zeigen und tief in Metalle einzudringen. > zur News
2003: Bose-Einstein-Kondensat: Magnetfelder erzeugen ungewöhnlichen Materiezustand
In einem Experiment am BER II wurden zum ersten Mal die magnetischen Eigenschaften eines Kristalls für die Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensats genutzt. Bei den Kristallen handelt es sich um die ungewöhnliche chemische Verbindung TlCuCl3 (Thallium-Kupfer-Trichlorid). Der exotische quantenphysikalische Materiezustand entstand, als der Kristall in ein starkes Magnetfeld von 14 Tesla gebracht wurde und konnte mit Hilfe von Neutronen nachgewiesen werden. > zur News
Publikation: Nature Vol. 423, 1 May 2003, pp. 62-65
2002: Alzheimer-Forschung am V1 (Membrandiffraktometer)
Senile Plaques finden sich als typische Ablagerungen in Gehirnen von verstorbenen Alzheimer-Patienten. Allerdings sind diese wahrscheinlich nicht Ursache, sondern vielmehr Folge der Alzheimer-Erkrankung. Vielleicht dienen die Plaques sogar als Schutz, weil sie schädliche Proteine binden, die sonst frei herumschwimmen. Toxisch könnten eher kleinere Aggregate oder Monomere des Proteins b-Amyloid sein. An der NeutronenPublikation BER II untersuchte ein Team, ob b-Amyloid die Membran von Nervenzellen durchdringen kann. Dafür wurde in diesem Protein das Element Wasserstoff durch sein Isotop Deuterium ersetzt, dessen Position sich mit Hilfe von Neutronendiffraktion sehr genau bestimmen lässt. Die Ergebnisse ermöglichten es, die Lage und Beweglichkeit des toxischen Proteins zu bestimmen und zeigten modellhaft, dass b-Amyloid tatsächlich in die Membran von Nervenzellen eindringen kann.
2001: Gemäldeforschung mit Neutronen: Überraschung hinter dem „Mädchen mit Fruchtschale“
Das „Mädchen mit Fruchtschale“ wurde von Tizian im 16. Jahrhundert in Venedig gemalt. Im Auftrag der Gemäldegalerie wurde das Bild am BER II mit Neutronen untersucht. Dabei regen die Neutronen die Farbpigmente an, so dass sich daraus auf Art der Pigmente schließen lässt. Die Untersuchung brachte eine Überraschung ans Licht: Tizian hatte für das goldbestickte Kleid des Mädchens schon im Jahr 1555 Neapel-Gelb verwendet hat. Dabei wird diese Farbe erst ab 1702 in der Literatur erwähnt! Dies zeigt, wie weit die mächtige Handelsmacht Venedig international vernetzt war.