Neues Verfahren ermöglicht 3D-Auslesung von magnetischen Mustern
Links ist die durchleuchtete Probe zu sehen, rechts die Magnetisierungsdomänen (rot-blaue Muster). Die Probe ist eine 20 Nanometer dicke Schicht, die zu einer Röhre mit zwei Windungen aufgewickelt wurde. Die Röhre besitzt einen Durchmesser von 5 Mikrometern und eine Höhe von 50 Mikrometern. © F. Kronast/HZB
Eine internationale Kooperation hat es geschafft, mit Synchrotronlicht komplexe Magnetisierungsmuster in gewickelten magnetischen Schichten dreidimensional auszulesen. Dieses Verfahren könnte interessant sein, um hochempfindliche Sensoren für Magnetfelder zu entwickeln, beispielsweise für die medizinische Diagnostik. Die Ergebnisse sind in Nature Communications publiziert.
Feine Strukturen im Inneren von Materialien und biologischen Proben lassen sich heute mit Röntgentomographie gut ermitteln: Dabei werden Schicht für Schicht Bilder aufgenommen und am Computer zu einer dreidimensionalen Abbildung zusammengesetzt. Um aber auch magnetische Strukturen im Inneren von Proben zu erfassen, gab es bislang noch keine vergleichbare Methode. Nun haben Teams aus dem HZB und dem Institut für Festkörperphysik in Dresden zusammen mit Partnern aus kalifornischen Forschungseinrichtungen (1) ein Verfahren entwickelt, mit dem dies möglich ist.
Aufgerollte magnetische Schichten untersucht
Sie untersuchten dafür Proben aus extrem dünnen magnetischen Schichten (Nickel oder Kobalt-Palladium), die zu Röhren mit etwa zwei Windungen aufgewickelt wurden. Um ein 3D Abbild der Magnetisierung in den Röhren zu erhalten, wurden die Proben mit zirkular polarisiertem Röntgenlicht durchleuchtet. Bei den Aufnahmen am Röntgenmikroskop an der Advanced Light Source und an der XPEEM-Beamline von BESSY II wurden die Proben für jede neue Aufnahme etwas gedreht, sodass eine Reihe von 2D-Aufnahmen entstanden: „Das polarisierte Licht hat die magnetischen Schichten aus unterschiedlichen Winkeln durchdrungen: Im XPEEM konnten wir dabei nicht nur die magnetischen Strukturen an der Oberfläche messen, sondern auch durch den „Schattenwurf“ noch Informationen gewinnen“, erklärt Florian Kronast, der am HZB für die XPEEM-Beamline verantwortlich ist.
3D-Rekonstruktion der magnetischen Strukturen
Im Endergebnis gelang es den Physikern, die magnetischen Strukturen am Computer dreidimensional zu rekonstruieren.
Dabei konnten sie in diesen Proben Strukturen von 75 Nanometern abbilden. „Kleinere magnetische Strukturen gab es in diesen Proben einfach nicht, die mögliche Ortsauflösung dieser Methode liegt jedoch bei unter 20 Nanometern“, sagt Florian Kronast. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass bislang für die Abbildung von magnetischen Domänen im Nanometer-Bereich in dreidimensionalen Objekten nur die Elektronenholographie in Frage kam, die eine sehr komplizierte Probenpräparation erfordert und die Magnetisierung nur indirekt über die resultierende Magnetfeldverteilung ermitteln kann. „Unser Verfahren dagegen ermöglicht nun eine direktere Kartierung der Magnetsierung in 3D. Die Kenntnis der Magnetisierung ist die Voraussetzung um die Empfindlichkeit von Magnetfeldsensoren zu verbessern.“
Sensoren für schwache Magnetfelder
Die neue Methode könnte für alle diejenigen interessant sein, die sich mit feinsten magnetischen Strukturen in kleinen Volumina befassen, zum Beispiel um empfindlichere Sensoren für die medizinische Bildgebung zu entwickeln. Verfahren wie die Magnetoenzephalographie beruhen darauf, dass die elektrische Aktivität einzelner Nervenzellen sehr schwache magnetische Felder erzeugt, die dann von außen nachweisbar sind – mit entsprechend empfindlichen Sensoren.
Zur Publikation: Retrieving spin textures on curved magnetic thin films with full-field soft X-ray microscopies. Robert Streubel, Florian Kronast,Peter Fischer, Dula Parkinson, Oliver G. Schmidt & Denys Makarov. Nature Communications 6, 7612, doi:10.1038/ncomms8612
(1): Advanced Light Source/Lawrence Berkeley National Laboratory, UC Santa Cruz