Die Historie des Hahn-Meitner-Instituts
Das HMI wurde 1959 in Wannsee gegründet, damals als Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung. Von Beginn an gab es eine enge Verzahnung mit den Westberliner Universitäten. Diese haben die Richtung, in die sich das HMI entwickelt hat, maßgeblich mitbestimmt. Die Abteilungsleitungen waren immer mit Professuren an den Universitäten verbunden.
Kernstück des Forschungszentrums war der „Berliner Experimentier-Reaktor“, BER I. Er ging am 24. Juli 1958 mit einer Leistung von 50 Kilowatt in Betrieb, also bereits ein Jahr vor Gründung des HMI. Der BER I diente noch der klassischen Kernchemie. Das heißt, man wollte Erkenntnisse über den chemischen und physikalischen Aufbau und das Verhalten von Atomkernen gewinnen. In einem ersten Forschungsschwerpunkt wurden zum Beispiel die Reaktionsprodukte spaltbarer Substanzen untersucht. Außerdem erforschte man Strahlungseffekte.
Neben dem Reaktor gab es am HMI seit den sechziger Jahren auch einen Teilchenbeschleuniger. Er war das zentrale Gerät der Kernphysik. Zwei Großgeräte kosten allerdings viel Geld, was dazu führte, dass das ursprünglich landeseigene Institut in eine gemeinschaftsfinanzierte Gesellschaft umgewandelt wurde mit 90 Prozent Bundesbeteiligung und 10 Prozent Beteiligung des Landes Berlin. Diese Rechtsform einer GmbH mit Bund und Land als Gesellschaftern besteht seit 1971 für das HMI und hat bis heute Gültigkeit, nun auch für das neue HZB.
Der BER I wurde 1971 stillgelegt. Gleichzeitig begannen die Arbeiten am neuen Forschungsreaktor BER II, der mit einer Leistung von 5 Megawatt am 9. Dezember 1973 in Betrieb genommen wurde.
In dieser Zeit kam es zu weiteren Veränderungen und Neuerungen am HMI:
- ab 1974: Einführung der Neutronenstreuung
- Ende der 1970er Jahre: Ausbau des Teilchenbeschleunigers zur Schwerionenbeschleuniger-Anlage VICKSI (van de Graaff-Isochron-Cyclotron-Kombination für schwere Ionen)
- 1981: erste Anfänge der Solarenergieforschung
Mit dem neuen und veränderten Aufgabenspektrum des HMI ging 1986 auch die Umbennung des Instituts einher. Aus dem Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung wurde das Hahn-Meitner-Institut Berlin.
Im April 1991 ging der Forschungsreaktor BER II nach jahrelangem Umbau und einer Leistungerhöhung auf 10 Megawatt erneut in Betrieb. Mit der Leistungserhöhung des Forschungsreaktors standen dem HMI nun auch neue Möglichkeiten der internationalen Kooperation offen. Aufgrund des erwarteten Gästeandrangs wurde 1993 das BENSC (Berlin Neutron Scattering Center) gegründet, das fortan den Nutzerbetrieb für die Neutronenstreuung regelte. 70 Prozent der Betriebszeit des Forschungsreaktors und damit an den Messeinrichtungen standen seitdem auswärtigen Nutzern ständig zur Verfügung. Im Dezember 2019 wurde der Betrieb des BER II eingestellt.
Weitere wichtige Entwicklungen gab es seit Beginn der 1990er Jahre:
- Anfang der 1990er Jahre: Herausbildung der speziellen Probenumgebung des HMI: tiefe Temperaturen und hohe Magnetfelder. Wissenschaftliches Highlight: Für die Untersuchung der magnetischen Strukturen an Silber wurden die bis dahin weltweit tiefsten Temperaturen erzeugt.
- ab 1990: Umkonfigurierung der Schwerionenbeschleuniger-Anlage VICKSI zum Ionenstrahllabor (ISL)
- 1998: Errichtung des Behandlungsplatzes zur Augentumorbehandlung mit Protonenstrahlen
- 1998: Das HMI baut zwei Beamlines und mehrere Messplätze für BESSY II sowie Labore für HMI-Mitarbeiter im BESSY-Gebäude und steigt damit in die Nutzung von BESSY II ein.
- 2000: Ausgründung einer Firma zur Herstellung von Dünnschichtsolarzellen (Sulfurcell) aus dem HMI
- 2004: weitere wichtige Ausbauinvestitionen für die Instrumente am Forschungsreaktor BER II
- 2006: Schließung des Ionenstrahllabors (ISL) unter Weiterführung der Beschleunigeranlage
- seit 2007: Bauprojekt eines weltweit einzigartigen Hochfeldmagneten für Neutronenstreuung
Ab 2007 gingen die Fusionsverhandlungen zwischen BESSY und dem HMI in ihre letzte intensive Phase, bevor es schließlich zu Beginn des Jahres 2009 zum Zusammenschluss beider Unternehmen zum gemeinsamen Helmholtz Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) kam.
Die Namensgeber des ehemaligen HMI und des neuen HZB
Veröffentlichung der Texte im Internet mit freundlicher Genehmigung durch den Harri Deutsch Verlag aus dem
Fachlexikon abc Forscher und Erfinder / [Hrsg.: Hans-Ludwig Wussing ...]. - Thun; Frankfurt am Main: Deutsch, 1992
ISBN 3-8171-1258-0